Deutscher Linker in Venezuela: In Freiheit, nicht in Sicherheit

Venezuela hat den deutschen Linksradikalen Bernhard Heidbreder aus dem Gefängnis entlassen. Nun hofft er auf Asyl in Südamerika.

Ein Offizier steht an der Tür einer ausgebrannten Kantine

Ein Truppenoffizier steht am 28.10.1994 in einem leerstehenden Kasernengebäude in Bad Freienwalde. Diese Tat wird unter anderem Bernhard Heidbreder zur Last gelegt Foto: dpa

Berlin taz | Über zwei Jahre nach seiner Verhaftung in Venezuela ist der deutsche Linke Bernhard Heidbreder wieder auf freiem Fuß. Vor wenigen Tagen wurde er aus der Haft entlassen. „Ich bin sehr froh, dass das jetzt endlich vorbei ist“, sagte er der taz. Nun hoffe er darauf, in Vene­zue­la bleiben zu können. Er hat dort politisches Asyl beantragt. Bis zur Entscheidung über seinen Aufenthaltsstatus darf der 55-Jährige, der vor seiner Festnahme mit seiner Frau in der Stadt Mérida gelebt hatte, Caracas nicht verlassen.

Heidbreder war im Sommer 2014 in Venezuela verhaftet worden, weil ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorlag. Gemeinsam mit zwei weiteren Männern soll er in den 1990er Jahren an Aktionen der Berliner militanten Gruppe Das K.O.M.I.T.E.E. beteiligt gewesen sein. Die Bundesanwaltschaft (BAW) hatte seine Auslieferung beantragt.

Venezuelas oberstes Gericht entschied im Oktober 2015, Heidbreder nicht den deutschen Behörden zu übergeben. Begründung: Der Vorwurf des Terrorismus habe zum Tatzeitpunkt in dem Land noch nicht existiert, zudem seien die Straftaten nach venezolanischem Recht verjährt. Seit dem Beschluss der Richter saß er ohne gesetzliche Grundlage hinter Gittern, am 22. Juli konnte er das Gefängnis verlassen.

Die BAW hält indes auch 22 Jahre nach den Taten an der Verfolgung der drei Männer fest. Heidbreder sowie Thomas Walter und Peter Krauth sollen in Solidarität mit der kurdischen Unabhängigkeitsbewegung 1994 einen Brandanschlag auf das Kreiswehrersatzamt in Bad Freienwalde verübt haben. Zudem sollen sie 1995 versucht haben, aus Protest gegen die restriktive deutsche Flüchtlingspolitik das im Bau befindliche Abschiebegefängnis in Berlin-Grünau in die Luft zu sprengen. Die Aktion scheiterte, seither sind die drei flüchtig.

Streit um Verjährfrist

Fast alle Vorwürfe, wie etwa Brandstiftung und die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, sind verjährt. Die Bundesanwälte halten jedoch an einem Straftatbestand fest, der juristisch umstritten ist: der Verabredung zu einem Sprengstoffverbrechen. Dieses Verbrechen hat eine absolute Verjährungsfrist von vierzig Jahren.

Bernhard Heidbreder

„Ich bin sehr froh, dass das jetzt endlich vorbei ist“

Heidbreders Verteidigerin Silke Studzinsky kann den Verfolgungseifer der BAW nicht nachvollziehen. „Es ist absurd, dass die Frist für die Verabredung länger ist als die aller anderen Taten, die zeitlich später stattfanden“, kritisiert sie. Die Anwältinnen der Flüchtigen haben deshalb bereits Beschwerde beim Bundesgerichtshof eingelegt, die von den Karlsruher Juristen jedoch verworfen wurde. „Nun werden wir Verfassungsbeschwerde einreichen“, kündigte Studzinsky an. Sie ist davon überzeugt, dass die Verhältnismäßigkeit zwischen der Schuld und der ausgesetzten Strafe nicht gewahrt sei.

Sollten die drei Flüchtigen nach Deutschland zurückkehren, müssen sie nach aktuellem Stand weiterhin mit einer Bestrafung rechnen. „Eine Verjährung ist nicht abzusehen, die Strafverfolgung geht weiter“, stellt ein Sprecher der Behörde klar.

Daran lassen die Bundesanwälte in der Tat keine Zweifel. Für den 9. August haben sie eine Person nach Karlsruhe geladen, die dort als Zeugin in dem Fall aussagen soll. Weigert sie sich, droht ihr ein halbes Jahr Beugehaft.

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