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Deutscher Atommüll in RusslandGronau grüßt nach Osten

600 Tonnen abgereichertes Uran aus Nordrhein-Westfalen sind in der russischen Stadt Nowouralsk angekommen. Kritiker werden eingeschüchtert.

Deutscher Atommüll trifft in Nowouralsk ein Foto: Viktor Kasakow

Kiew taz | Am Samstagmorgen um 4 Uhr 20 Ortszeit sind in der russischen Stadt Nowouralsk (zu Sowjetzeiten Swerdlowsk-44) am Ural 600 Tonnen abgereichertes Uran aus Gronau angekommen. Der Zug war von bewaffneter Polizei und einer Einheit des Inlandsgeheimdienstes FSB bewacht worden. Dies berichtet der Nowouralsker Umweltschützer Viktor Kasakow der taz.

Kasakow ist es gelungen, Foto- und Videoaufnahmen des eintreffenden Zuges zu machen. Dabei wurde er vorübergehend vom FSB festgenommen und nach zwei Stunden wieder freigelassen. Einen großen Teil seiner Video- und Photoaufnahmen haben die Beamten beschlagnahmt. „Es ist mir jedoch gelungen, einige Photos und ein Video auf einem anderen Datenträger aufzunehmen“, sagte Kasakow.

Er habe eigens am Bahnhof auf den Zug gewartet, berichtet Kasakow der taz, um „das verbrecherische Vorhaben von Rosatom und den städtischen Behörden und aller weiterer Beteiligten zu dokumentieren“. Insgesamt, so Kasakow, rechne man in Nowouralsk mit 12.000 Tonnen Uranhexafluorid der Firma Urenco bis 2022. „Ein schönes Weihnachtsgeschenk der Deutschen an die Russen“, kommentiert Valeri Bulatow von der Umweltgruppe „Ecodefense“ den Vorgang.

Die Lieferungen aus Gronau in Nordrhein-Westfalen sind inzwischen eines der meistdiskutierten Themen in der Stadt Nowouralsk. Dies geht aus einer Reportage hervor, die die in Jekaterinburg angesiedelte russische Nachrichtenagentur „newdaynews.ru“ diese Tage in Nowouralsk drehte. Mehrere Personen äußern in der Sendung ihre Besorgnis angesichts der gesundheitlichen Gefahren, die von dem deutschen Atommüll ausgehen könnten.

Während die deutsche und die russische Atomindustrie beim Transport von Uranhexafluorid von Gronau nach Russland eng zusammenarbeiten, werden Gegner der Transporte als „ausländische Agenten“ kriminalisiert. In St. Petersburg wurde Greenpeace-Aktivist Raschid Alimow vor wenigen Tagen nach einer Protestaktion vor dem Bahnhof kurzzeitig festgenommen. Vor einer Woche waren in Nowouralsk drei Aktivisten zur Polizei vorgeladen worden, weil sie Mahnwachen gegen den deutschen Atommüll organisiert hatten.

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4 Kommentare

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  • Das läuft so wie beim Export von normalem und Industriemüll ins Ausland. Ist verboten, wird dann als Wertstoff umdeklariert und staatlich zugelassen. Dann bezahlt man viel Geld, um das unbedenkliche Zeug anderswo zu deponieren.

    Und der Empfänger zertifiziert technisch einwandfreien Ablauf.

    Schon eine Schande für ein Industrieland.

  • Sorry, ich würde das nicht als "Müll" bezeichnen, ist es doch ein wertvoller Rohstoff!

    Aus alten Brennstäben können beliebig neue Brennstäbe per Anreicherung hergestellt werden.



    Russland weiß das, und ist klüger als Deutsche.



    Warum geben die wohl Geld für den wertvollen Rohstoff aus, der im Artikel als "Müll" bezeichnet wird?



    Müsste für "Müll"entsorgung nicht Deutschland bezahlen - wenn es an dem wäre?

    • @Martin1:

      Es geht hier nicht um "alte Brennstäbe" (die können nur in superschweren + besonders strahlenabschirmenden Spezial-Behhältern (z.b. sog "Castor" Behälter) ausserhalb der AKW oder "heißen Zellen" befördert werden), sondern um Uranhexafluorid, bei dem der Anteil des Uran-Isotops U235 nochmals deutlich geringer ist, als in sog. "Natur-Uran".



      Auch ihre Aussage, "aus alten Brennstäben können beliebig neue Brennstäbe per Anreicherung hergestellt werden" ist schlicht unzutreffender Blödsinn.

    • @Martin1:

      "Russland" gibt für den strahlenden Atom-Abfall kein Geld aus. Vielmehr bezhalt die Fa. Urenko dafür, dass der vorgebliche "Wertstoff" von Russland übernommen wird.