Deutsche Soldaten in der Türkei: Noch eine Warteschleife mehr
Nun wächst die Ungeduld: Die SPD-Fraktion erhöht im Konflikt um den türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik den Druck.
In der vergangenen Woche war bereits der allerletzte Versuch gescheitert: Beim Nato-Gipfel in Brüssel wollte Merkel den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan überzeugen, deutschen Abgeordneten den Besuch bei den deutschen Soldaten in Incirlik doch zu erlauben. Das Gespräch fand zwar statt, geholfen hat es aber nichts.
Während die Unionsfraktion nun die neue Frist unterstützt, wächst in der SPD die Ungeduld: Am Dienstag verabschiedete die Fraktion einstimmig eine Erklärung, in der sie die Bundesregierung dazu auffordert, „unverzüglich die Verlegung einzuleiten“. Von der Verteidigungsministerin wünschen sich die Abgeordneten als ersten Schritt „einen Verlegeplan für die Bundeswehreinheiten in Incirlik“. Formell erzwingen will die Fraktion die Verlegung aber nicht.
Dabei wäre es für den Bundestag rechtlich möglich, die Bundeswehr abzuziehen – auch gegen den Willen der Bundesregierung. Das Prinzip der Parlamentsarmee sieht nicht nur vor, dass die Abgeordneten ein Mandat beschließen müssen, ehe die Armee in den Einsatz zieht. Es gibt ihnen auch das Recht, einen laufenden Einsatz jederzeit abzubrechen. „Der Bundestag kann die Zustimmung zu einem Einsatz bewaffneter Streitkräfte widerrufen“, heißt es im Parlamentsbeteiligungsgesetz.
Schnelle Entscheidung gesucht
Die Opposition wollte diesen Passus bereits vor zwei Wochen nutzen. Im Bundestag stellten Linkspartei und Grüne Mitte Mai einen gemeinsamen Antrag, der mit zwei Sätzen auskam: „Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee und die parlamentarische Kontrolle muss zu jedem Zeitpunkt möglich sein. Die Bundeswehr wird daher mit sofortiger Wirkung vom Standort Incirlik (Türkei) abgezogen.“
Nach einer halbstündigen Debatte im Plenum stimmten SPD und Union damals dafür, die Entscheidung über den Antrag zu vertagen. Sie überwiesen ihn an den Auswärtigen Ausschuss, der am Mittwoch darüber beraten wird. Für einen endgültigen Beschluss müsste der Ausschuss den Antrag dann wieder zurück ins Plenum schicken. Gibt es für diesen Schritt eine Mehrheit, könnte der Bundestag theoretisch noch in dieser Woche final über den Abzug abstimmen.
Grüne und Linke forderten die SPD am Dienstag auf, jetzt tatsächlich eine schnelle Entscheidung zu treffen und notfalls auch gegen die Union für den Antrag zu stimmen. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte der taz, wegen des Besuchsverbots müssten die Soldaten aus Incirlik abgezogen werden. „Ich freue mich, dass diese Erkenntnis nun auch bis zur SPD-Fraktion durchgedrungen ist. Nun bin ich gespannt, ob die SPD zu ihrem Wort steht. Sie muss im Plenum mit uns für einen Abzug stimmen.“
Linken-Chefin Katja Kipping forderte die Koalitionsfraktionen auf, ihren Abgeordneten keine Vorgabe zu machen: Eine mögliche Abstimmung über den Abzug solle „eine freie Gewissensentscheidung ohne Koalitionszwänge“ sein.
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