■ Deutsche Shell AG: Umweltaktivist übernimmt Vorstandsposten: Der Glaube an das saubere Image
Welche Institutionen wollte die Linke nicht schon alles von innen heraus verändern. In den siebziger Jahren schickten die Radikallinken ihre Anhänger in die Bundeswehr, um unter Rekruten zu agitieren. Auch an deutschen Werkbänken und Fließbändern sollten sie Arbeiter für den Klassenkampf gewinnen. Beide Vorhaben scheiterten bekanntermaßen. Einzig der Marsch der mittlerweile sich nur noch Grüne nennenden Altlinken durch die politischen Institutionen scheint erfolgreich zu sein.
Fritz Vahrenholt, ehemals Schreckgespenst der Chemiekonzerne, hat sich einen letzten Rest von linkem Enthusiasmus bewahrt. Die Politik habe die Umwelt und ihren Schutz jetzt ausreichend mit Gesetzen reguliert, ist er überzeugt. Mehr Umwelt- und Naturschutz gehe nicht. Den Rest müßten nun die Unternehmen durchsetzen. Deswegen sieht Vahrenholt seine Aufgabe in der Politik erfüllt und setzt sich in den gutdotierten Vorstandssessel bei der Deutschen Shell AG.
Deren Umweltsünden sind hinlänglich bekannt. Die ehemals umkämpfte Plattform Brent Spar konnte Shell mittlerweile zwar als vorbildliche Wiederverwertung alten Eisens präsentieren. Aber was ist mit der Erdölförderung in Nigeria oder Ecuador? Wie paßt die Ausbeute von Ölfeldern in peruanischem Indianerland in die in Deutschland mühsam durchgeführte Imagekampagne? Denn die Vorstände von Shell International sehen nichts anderes hinter ihren öffentlich breitgetretenen Problemen: Lediglich ein schlechtes Image hafte dem Konzern an.
Das konnte ihnen jahrzehntelang egal sein. Doch inzwischen zeigt das schlechte Image von Shell unerwünschte Folgen: Es ist geschäftsschädigend. Denn kein Politiker möchte mehr daran erinnert werden, daß er Shell hier eine Erdgasleitung oder da eine Förderkonzession erteilt hat. Mittlerweile haben es außerdem eben doch ein paar der ehemaligen Gegner in die Planungs- und Genehmigungsbehörden geschafft. Auch die wollen mit Shells Umweltrichtlinien umwedelt werden.
Solange jedoch die Shell es nicht einmal schafft, dafür zu sorgen, daß getrennt gesammelter Müll auf Shell-Tankern nicht mehr fein sortiert über die Bordkannte ins Meer fliegt, bleiben alle Richtlinien und Umweltvorstände nur eins: Zeugnisse vom Glauben einer schmutzigen Industrie an ein sauberes Image. Ulrike Fokken
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