: Deutsche Parlamente sollen Grenze garantieren
■ Resolutionsentwurf zur Oder-Neiße-Grenze bekanntgeworden / Verzicht auf Gebietsansprüche festgeschrieben / Unverletzlichkeit der bestehenden Grenze bekräftigt / Auch Bundeskanzler Helmut Kohl spricht sich für Anerkennung der polnischen Westgrenze aus
Bonn (dpa) - Zwischen dem vereinigten Deutschland und der Republik Polen soll vertraglich festgelegt werden, daß beide Seiten gegeneinander „keinerlei Gebietsansprüche haben und solche auch in Zukunft nicht erheben werden“. Dies sieht der Entwurf einer Entschließung vor, die gleichlautend von Bundestag und DDR-Volkskammer in der kommenden Woche verabschiedet werden soll. Der Entwurf wurde am Samstag in der Bundeshauptstadt Bonn bekannt.
In dem geplanten Vertrag zwischen Deutschland und Polen soll die bestehende Oder-Neiße-Grenze entsprechend dem Warschauer Vertrag von 1970 und dem Grenzabkommen zwischen der DDR und Polen von 1950 als endgültig festgelegt werden.
Polen und Gesamtdeutschland - so der Entschließungsentwurf weiter - bekräftigen darin „die Unverletzlichkeit der zwischen ihnen bestehenden Grenze jetzt und in der Zukunft“. Beide Seiten „verpflichten sich gegenseitig zur uneingeschränkten Achtung ihrer Souveränität und territorialen Integrität“.
In einem Vorspann zum Vertragsinhalt wird an das „schreckliche Leid“ erinnert, das dem polnischen Volk durch die nationalsozialistische Gewaltherrschaft zugefügt worden sei. Gleichzeitig heißt es, der Bundestag stimme der Grenzanerkennung in dem Bewußtsein zu, daß „die Vertreibung von Millionen von Deutschen aus ihrer angestammten Heimat ein großes Unrecht“ gewesen sei.
Ein Hinweis auf die Minderheitenrechte der Deutschen in Polen ist in diesem Entschließungsentwurf nicht enthalten. Der Inhalt der Resolution soll nach der Verabschiedung durch Bundestag und Volkskammer der Republik Polen förmlich mitgeteilt werden.
Kanzler Kohl hat sich am Samstag ausdrücklich für eine Anerkennung der polnischen Westgrenze ausgesprochen. „Wer mir abrät, diesen Schritt zu tun, riskiert, daß wir jetzt die Wiedervereinigung nicht bekommen“, sagte Kohl auf einem Landesparteitag der schleswig-holsteinischen CDU in Neumünster. Zugleich warb Kohl um Verständnis für die Vertriebenen in der Bundesrepublik, die sich in diesen Tagen an den Verlust ihrer alten Heimat erinnerten. Jetzt komme es aber darauf an, mit den polnischen Nachbarn ein Verhältnis des Friedens und des Ausgleichs zu finden.
Warschau hatte bisher die Ausarbeitung eines Vertrags zur Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze schon vor der Vereinigung Deutschlands verlangt. Dieser Vertrag sollte dann nach den Vorstellungen Polens vom gesamtdeutschen Parlament ratifiziert werden.
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