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Deutsche Nationalelf bei der Fußball-EMWas Kapitänin Giulia Gwinn alles macht

Die Außenverteidigerin des FC Bayern positioniert sich in ihrem neuen Amt in der DFB-Auswahl: auf dem Platz und in den Medien.

Frontfrau im Einsatz: Giulia Gwinn gibt eine Pressekonferenz Foto: Gollnow/dpa

An Giulia Gwinn kommt derzeit kaum jemand vorbei. In der Bild-Zeitung muss sich die rechte Außenverteidigerin der Fragen irgendwelcher Prominenter erwehren. In der Zeit soll sie sich zu ihrem früheren Image als „schönste Spielerin“ äußern.

Giulia Gwinn ist nicht nur seit Mittwoch 26 Jahre alt, sondern auch seit wenigen Monaten Kapitänin der DFB-Auswahl. Und sie weiß, was zu dieser EM von ihr erwartet wird. „Wir haben für vier Wochen maximale Sichtbarkeit, maximale Aufmerksamkeit, und diese Bühne wollen wir nutzen.“

Gwinn fordert einen von der Liga zu gewährenden Mindestlohn für Fußballprofis, sie läuft mit der Regenbogenbinde auf, sie meldet anonyme Accounts auf Instagram, von denen sie und ihre Kolleginnen beleidigt werden, sie predigt, dass der Frauenfußball Authentizität und Nahbarkeit behalten muss, und dann ist sie auf dem Platz auch noch das, man Führungsspielerin nennt.

Als kleines Mädchen Fußball zu spielen und jetzt kurz vor einem großen Turnier zu stehen als Kapitänin, ist etwas, was schwer in Worte zu fassen ist.

Giulia Gwinn

Nicht schreiend und antreibend versteht sie ihre Funktion. „Ein Zweikampf kann so ein Signal sein“, verrät sie, wie sie in einer kritischen Phase ihr Team aufrütteln will. „Oder auch im richtigen Moment das Spiel zu beruhigen.“

Giulia Gwinn hat eine gründliche Fußballausbildung. Als Achtjährige fing sie in Baden-Württemberg bei der TSG Ailingen an und kickte sich hoch. Schon 2015 wechselte sie zum Bundesligisten SC Freiburg, 2017 gab sie ihr Nationalmannschaftsdebüt, und seit 2019 ist sie beim FC Bayern München unter Vertrag.

Sie selbst hat diesen Werdegang etwas schöner formuliert: „Als kleines Mädchen Fußball zu spielen, Fußball zu lieben und jetzt kurz vor einem großen Turnier zu stehen als Kapitänin, ist etwas, was schwer in Worte zu fassen ist.“

Gwinn spricht bewusst vom Frauenfußball. „Ich vergleiche uns nicht gerne mit dem Männerfußball, das sind zwei verschiedene Dinge.“ Ihre Bezugsgröße sind die Leistungen von ihr selbst und ihrer Kolleginnen. „Ich vergleiche uns mit dem, was vor fünf oder zehn Jahren war.“ Neben ihrer Profikarriere studiert sie Sportmanagement, was für sie auch bedeutet: sich mit professionelleren Strukturen in ihrem Sport beschäftigen. Schwierig sei es, sagt sie der Zeit, „die Balance zu halten zwischen Nahbarkeit und expandierendem Fußball-Business“.

Gwinn hat jüngst ein Buch geschrieben. „Write your own story“, heißt es, schreibe deine eigene Geschichte. Es wimmelt vor Sinnsprüchen, in der Regel auf Englisch. Eigentlich zeigt das ganz gut, wie schwierig die Balance ist, die Gwinn halten will und soll. Und das in den vier Wochen Aufmerksamkeit, die sie und ihr Sport haben.

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