Deutsche Medaillen bei Leichtathletik-WM: 5,89 Meter zu Gold

„Das kann mir keiner mehr nehmen.“ Raphael Holzdeppe feiert Gold im Stabhochsprung der Leichtathletik-WM. Zwei weitere Medaillen sorgen für einen erfolgreichen WM-Tag.

Zweite internationale Medaille für Raphael Holzdeppe. Bild: ap

MOSKAU dpa | Raphael Holzdeppe ist als erster Deutscher Stabhochsprung-Weltmeister, Christina Schwanitz holte sich mit dem letzten Versuch noch Kugelstoß-Silber: Die deutschen Leichtathleten haben am Montag bei der WM in Moskau für einen hochemotionalen Abend gesorgt. Holzdeppe und Stabkollege Björn Otto liefen mit der schwarz-rot-goldenen Fahne durch das Luschniki-Stadion, denn der 35 Jahre alte Otto rundete mit seiner Bronzemedaille das herausragende Ergebnis ab.

Bereits am Dienstag könnte es aus deutscher Sicht so erfolgreich weitergehen, denn Diskus-Star Robert Harting überstand bei seinem ersten Auftritt in Moskau mühelos die Qualifikation und möchte nun zum dritten Mal in Serie den WM-Titel holen.

„Das bedeutet mir wirklich sehr viel. Das kann mir keiner mehr nehmen“, sagte der 23 Jahre alte Holzdeppe. Immer wieder hatten sich er und die anderen deutschen Stabhochspringer bei den vergangenen Großereignissen dem französischen Olympiasieger und Europameister Renaud Lavillenie geschlagen geben müssen. Diesmal riss die Serie.

Holzdeppe und Lavillenie übersprangen beide 5,89 Meter, doch der Olympia-Dritte aus Zweibrücken schaffte das bereits im ersten Versuch, der große Favorit erst im dritten. Das Besondere an diesem Ergebnis: Holzdeppe wurde noch nie deutscher Meister, hat jetzt aber schon zwei bedeutende internationale Medaillen geholt. Lavillenie wiederum gewann in seiner Karriere schon alles - außer den WM-Titel.

Der deutsche Rekordhalter Otto komplettierte seine internationale Medaillensammlung mit einem Sprung über 5,82 Meter. „Ein bisschen blöd. War mehr drin heute“, meinte er kurz und knapp. Die bis zum Montag letzte deutsche Stabhochsprung-Medaille bei einer WM hatte Danny Ecker 2007 in Osaka gewonnen. Er wurde damals Dritter.

Starke Nerven

Kugelstoßerin Schwanitz zeigte in Moskau genauso starke Nerven wie bei ihrem Sieg bei der Hallen-EM vor fünf Monaten: Sie machte den größten Erfolg ihrer Karriere erst im letzten Versuch klar. Mit 20,41 Metern übertraf sie nicht nur ihre persönliche Bestleistung um 22 Zentimeter, sondern verbesserte sich auch noch vom fünften auf den zweiten Platz. „Ich hatte das Gefühl, man fliegt durch das Stadion“, meinte die 27-Jährige. „Vor dem letzten Versuch habe ich mir gesagt: Alles oder Nichts!“

Außer Reichweite lag für Schwanitz nur die überragende Neuseeländerin Valerie Adams, die mit 20,88 Metern ihren vierten WM-Titel nach 2007, 2009 und 2011 gewann.

Aus internationaler Sicht nahmen diese Weltmeisterschaften am Montagabend mit insgesamt drei Weltjahresbestleistungen und einem hochdramatischen 400-Meter-Finale ebenfalls an Fahrt auf. Im 100-Meter-Rennen der Frauen krönte sich Olympiasiegerin Shelly-Ann Fraser-Pryce aus Jamaika endgültig zur Sprint-Königin der Leichtathletik. Die 26-Jährige holte sich in der Weltjahresbestzeit von 10,71 Sekunden und mit dem größten Vorsprung der WM-Geschichte ihren zweiten WM-Titel vor Murielle Ahoure (10,93) von der Elfenbeinküste und Carmelita Jeter aus den USA (10,94).

„Sehr schade“

Verena Sailer hatte zuvor nur knapp das Finale verpasst. Die Europameisterin von 2010 wurde in 11,16 Sekunden Dritte ihres Halbfinals-Laufs. „Das ist keine Schande, aber es ist sehr schade“, sagte sie. „Jetzt werde ich das noch ein bisschen verarbeiten und mich dann voll auf die Staffel konzentrieren.“

Weitere Weltjahresbestleistungen stellten der neue 110-Meter-Hürden Weltmeister David Oliver aus den USA (13,00 Sekunden) sowie mindestens genauso überraschend auch der neue Hammerwurf-Weltmeister Pawel Fajdek aus Polen auf (81,97). Markus Esser wurde in diesem Wettkampf mit 76,25 Metern Zehnter.

Mit dem hauchdünnen Vorsprung von nur vier Tausendstelsekunden wurde die Britin Christine Ohuruogu zum zweiten Mal nach 2009 400-Meter-Weltmeisterin. Die 29-Jährige fing auf den letzten Zentimetern des Rennens noch die lange Zeit führende Amantle Montsho aus Botswana ab.

Erst die Auswertung des Zielfotos ergab: Ohuruogu lag minimal vor der Titelverteidigerin, beide kamen nach 49,41 Sekunden ins Ziel. "Das ist zu viel für mich, ich kann das nicht glauben. Das ist wie im Traum", meinte die Siegerin.

Comments

[Hans Klemm]

Das war ja eine richtige Sensation! Der Deutsche mit dem etwas komischen Namen schneppte bei gleicher Höhe und weniger Versuchen den schier unschlagbaren Franzosen Lavillenie mit einer Leistung von nur 11 cm unter 6 m Höhe(!) die Goldmedaille weg, obwohl er selbst noch nie Deutscher Meister wurde!

 

 

 

Wenn sich ein 35- jähriger Athlet, wie der immer freundliche Otto, in dieser technisch besonders anspruchsvollen Disziplin mit einer nur um 7 cm geringeren Höhe mit einer Bronze-Medaille schmücken darf, ist das auch eine besonders tolle Leistung, die große Anerkennung verdient.

 

 

 

Diese muss unbedingt auch der deutsche Zehn-Kämpfer, Michael Schrader, erhalten, der sage und schreibe in diesem Jahr seit 2009 nur erstmalig einen Wettkampf vor dieser WM beenden konnte. Viele unterschiedliche Verletzungen durchkreuzten seine Pläne. Da er in seinen beiden "Moskauer Traumtagen" auch noch ganz nebenbei jeweils zwei persönliche Einstellungen sowie Rekorde erreichte, ist sein Griff nach WM-Silber fast eine Sensation und verdient besonderen Respekt!

[MichaelM]

Einen deutschen Olympiasieger im Stabhochsprung gab es übrigens bereits 1972 - Wolfgang Nordwig ...