Deutsche Bahn stockt auf: Doppelstockzüge im Fernverkehr
Die Bahn legt drauf: Sie lässt zusätzlich 27 Doppelstockzüge bauen, um ihre Fahrzeugprobleme in den Griff zu kriegen. Trotzdem bleibt die Lage für nächsten Winter kritisch.
BERLIN taz | Die Deutsche Bahn (DB) hat aus dem Winterchaos vor einem Jahr erste Lehren gezogen und schafft nun vorzeitig neue Züge für den Fernverkehr an. Damit will das bundeseigene Unternehmen Zustände wie im Dezember, als wegen Zugausfällen und mangels Reserven viele Strecken unzureichend bedient wurden, künftig vermeiden. Eine erste Entspannung der Fahrzeugsituation werde es aber erst Mitte 2012 geben, räumte DB-Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg am Mittwoch in Berlin ein - im nächsten Winter kann die Situation also wieder kritisch werden.
Konkret hat die Bahn 27 neue Doppelstockzüge bei dem Schienenfahrzeughersteller Bombardier bestellt; erstmals sollen damit Doppelstockwagen im Fernverkehr eingesetzt werden. Die Züge kosten knapp 400 Millionen Euro und werden im Bombardier-Werk im sächsischen Görlitz gebaut. Sie sind bis zu 160 Stundenkilometer schnell und sollen auf bisherigen IC-Strecken eingesetzt werden - auf welchen, steht noch nicht fest. Bereits 2013 sollen die ersten Exemplare ausgeliefert werden.
Vorteil der neuen Züge ist: Sie sind günstiger und schneller fertigzustellen als die neuen ICx-Fahrzeuge, die die in die Jahre gekommene IC-Flotte auffrischen sollen. Denn die Doppelstockwagen basieren technisch auf Regionalzügen, die bislang nach Ansicht der Bahn im Einsatz recht stabil waren. Da sie luftgefedert sind, werden sie leiser als die bisherigen IC-Waggons sein.
In der Ausstattung sollen die Doppelstockzüge mit Lok und fünf Wagen heutigem ICE-Standard entsprechen: Es gibt erste und zweite Klasse, reservierbare Sitzplätze, Familien- und Behindertenabteile, Toiletten und Stromanschlüsse. Auch Fahrräder können mitgenommen werden, allerdings nur mit Reservierung. Einziger "Pferdefuß" ist laut Homburg, dass es in den Zügen keinen Bistrowagen geben wird. Dieses Manko soll durch mobile Essen- und Getränkeversorger behoben werden.
Die Bestellung der neuen Züge sei auch ein Signal, das Fernverkehrsangebot in Zukunft wieder auszubauen, sagte Homburg. Ab Mitte 2012 werde sich die Fahrzeugsituation im Fernverkehr Schritt für Schritt entspannen, weil dann - noch vor den Doppelstockwagen - neue ICE-3-Züge von Siemens ausgeliefert werden. Zudem würden nach und nach die Problemachsen bei den ICE ausgewechselt.
Für den Winter 2011/12 bleibt die Lage kritisch. Für die dringendsten Probleme - Schotterflug oder Flugschnee können viele Zugausfälle verursachen - gibt es noch keine technische Lösung; möglicherweise könnten provisorisch montierte Abdeckungen zum Einsatz kommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Rücktritte an der FDP-Spitze
Generalsekretär in offener Feldschlacht gefallen
Keith Kelloggs Wege aus dem Krieg
Immer für eine Überraschung gut
Ampel-Intrige der FDP
Jetzt reicht es sogar Strack-Zimmermann
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Antisemitismus in Berlin
Höchststand gemessen