Deutsch-dänische Grenzregion: „Ich bin sehr besorgt“
Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange über die politischen Entwicklungen und populistische Töne im Nachbarland.
taz: Frau Lange, werden Sie eigentlich oft mit Donald Trump verglichen?
Simone Lange: Tatsächlich wurden in Flensburg von Anfang an Parallelen zwischen mir und ihm gezogen. Er trat im Januar als 45. Person sein Amt an, genauso wie ich. Inhaltlich bin ich aber das komplette Gegenteil von ihm.
Eine Parallele gibt es aber noch: Sie bedienen sehr fleißig die Social-Media-Kanäle. Was müssen Politikerinnen sonst noch tun, um Bürgernähe herzustellen?
Wir müssen an Themen ran, die uns die Bürger ins Tagebuch schreiben – und nicht an die, die wir Politiker uns ausdenken.
taz: Was heißt das für Flensburg?
Die Bürgerbeteiligung hat die Stadt sehr bewegt. Die Menschen fragen: Können wir eigentlich mitbestimmen, was in unserer Stadt passiert?
wurde im Juni 2016 mit Stimmen von Grünen und CDU zur Flensburger Oberbürgermeisterin gewählt. Sie ist seit 2003 Mitglied der SPD.
Die Antwort gab die niedrige Wahlbeteiligung. Was muss sich verbessern?
Wir haben 13 Stadtteile und für jeden Stadtteil ein Bürgerforum. Das ist eigentlich gut. Aber die Menschen wollen auch verbindlich umgesetzt wissen, was im Forum erarbeitet wird.
Das geschah bisher nicht?
Der Transport von der Basis „nach oben“ ist nicht so gut gewesen. Das möchte ich gerne besser machen.
Und wie?
Bei einem Forum vor zwei Wochen mit 100 Leuten habe ich eine Straßensperrung erklärt, die niemand wollte. Es ist ja so, dass wir beim Straßenverkehrsrecht an die Grenzen unserer Beteiligungsmöglichkeiten stoßen. Wir dürfen den Bürgerinnen und Bürgern nicht bei den falschen Themen suggerieren, dass sie sich beteiligen können. Sonst geht Vertrauen verloren. Beim Verkehrsrecht gilt halt: Es ist bedingt.
In Flensburg galt die Willkommenskultur lange als vorbildlich. Was ist daraus geworden?
taz.meinland ist am Dienstag, den 7. März, zu Gast in Flensburg, um unter anderem mit Simone Lange über das Thema "Offene Grenzregion" zu diskutieren.
Es gab auch bei uns ein kleines Aufflammen der AfD, das ja. Durch verschiedene Demos wurden die negativen Kräfte aber schnell wieder eingedämmt.
Populistische Töne kommen aus Dänemark. Das Land hält weiterhin an Grenzkontrollen fest.
Was ist taz.meinland? Bis zur Bundestagswahl im September reist die taz durch meinland, deinland, unserland. An gut 50 Stationen machen wir Halt, um ins Gespräch zu kommen und für die offene Gesellschaft zu streiten.
Ich bin strikt gegen die Kontrollen, das ist bekannt. Mit den grenznahen Nachbarkommunen auf dänischer Seite, Åbenrå, Sønderborg und Tønder, tauschen wir uns aus. Die sind mit uns einer Meinung.
Der Kopenhagener Zirkel tickt etwas anders. Von der rechtsnationalen Dänischen Volkspartei, der zweitgrößten Parlamentsfraktion, kam kürzlich der Vorschlag, die dänisch-deutsche Grenze nach Süden zu verschieben.
Die Grenzziehung infrage zu stellen und zu behaupten, Dänemark müsse bis zur Eider – die ja 70 bis 80 Kilometer südlich von Flensburg verläuft – reichen, erscheint ja fast absurd. Aber man muss schauen, wer das sagt. Søren Espersen ist immerhin Vizechef der zweitgrößten dänischen Partei. Das sind also schon Tendenzen …
… die bei Ihnen Besorgnis hervorrufen?
Auf jeden Fall. Die Frage ist ja nicht: Sagt der das einmal und nie wieder. Die Frage ist: Was passiert als Nächstes? Auch bei Trump erleben wir, dass alles mit Worten anfängt. Das steigert sich dann rhetorisch, mittlerweile fast schon täglich. Nur ist irgendwann im Wort keine Steigerung mehr möglich. Welche Tat kommt dann? Und wie steigert er sich in den Taten und schließlich bei Entscheidungen. In Dänemark ist das ähnlich – deswegen bin ich schon ernsthaft besorgt.
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