: Design am Pranger
Über Ideenklau und Ready-Made-Ästhetik: Die Ausstellung „Achtung: Original!“ im stilwerk gibt Auskuft über die Kunst des Plagiierens ■ Von Julia Mummenhoff
Mit Billig-Kopien teurer Design-Objekte läßt sich eine goldene Nase verdienen. Deshalb hat auch der „Plagiarius“ eine, der Preis, den eine namhafte Jury jedes Jahr für besonders dreiste Imitate vergibt. Ein schwarzer Gift- und Gartenzwerg, über den sich bestimmt keiner der Empfänger freut. Der Designer Guido Busse gründete die Aktion 1977 und führt seither einen Kreuzzug zur Rettung des Originals. Unangenehm für die Entlarvten: Die Sache gerät an die Presse. Eine umfangreiche Sammlung von Originalen und deren Fälschungen existiert bereits, eine Art Design-Pranger. Eine Auswahl daraus bildet einen Teil der Ausstellung Achtung: Original!, die zur Zeit im stilwerk zu sehen ist.
Wichtig dabei ist, daß keines der Exponate auf dem Rechtsweg verurteilt wurde, denn dann wird ein Plagiat so vom Markt entfernt, daß es nicht mehr ausgestellt werden darf. 1:1-Kopien wie die von „Plagiarius“ entdeckten lassen sich auch juristisch relativ leicht dingfest machen. Aber auch die „Anmutung“ eines Objekts, also die Gesamtwirkung, ist gesetzlich geschützt, obwohl solche Übertretungen viel schwerer nachzuweisen sind. Am besten haben es die Klassiker, wie der berühmte „Freischwinger“-Stuhl von Mart Stam. Sie sind urheberrechtlich, also als Kunstwerke geschützt.
Daß Designer beim Schlendern über eine Messe oder beim Besuch eines fernen Landes auf Dumping-Versionen eigener Schöpfungen stoßen, kommt immer wieder vor. Eine jüngere Generation sieht jedoch das Problem nicht mehr ganz so verbissen. In Zeiten, in denen auch Oma und Opa schon „Sampling“ und „Crossover“ buchstabieren können, haben auch Gestalter umdenken müssen.
„Man kann nichts Neues mehr machen“, provoziert Frank Schreiner, Gründer des Berliner Büros Stiletto, das mit bewußter Ready-Made-Ästhetik aus alten Ideen frische macht. „Ähnlichkeiten sind oft bestimmten Trends zu verdanken“, meint hingegen die Kuratorin Petra Schwab. Die Frage nach dem Original sei heute wirklich nicht mehr so wichtig. Im „Karussel der Ideen“, so hat Schwab das Herzstück der Schau genannt, gehen die Ideen sehr oft seltsame und originelle Wege. Es handelt sich dabei überhaupt nicht immer um reine Kopien, und zu den Übereinstimmungen kam es aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Ingo Maurer griff mit einem Entwurf bewußt auf das Original des befreundeten Oscar Tusquets-Blanca zurück. Seine Regalleuchte „Oskar“ ist eine Hommage an den Kollegen. Stiletto ging noch weiter und zog alle Register des „bootlegging“. Deshalb ziert ihre Variante auch der selbstverliehene „Umwälzteufel“, „weil aus 180 Prozent Altentwurf“.
Ärgerlich bleibt Ideen-Diebstahl schon. Und eine Klage birgt ein gewisses Risiko. „Es könnte sich herausstellen, daß der vermeintliche Plagiator doch ältere Rechte besitzt“, erklärt Frank Schreiner von Stiletto. „Das kann teuer werden, wenn zum Beispiel dem Beschuldigten ein Messestand geschlossen wurde.“
Anläßlich des stilwerk-Gewinnspiels können Besucher selbst im ganzen Haus auf Fälschungsjagd gehen. Wertvolle Design-Klassiker winken. Dazu ein sicherer Tip: Das Original sieht besser aus.
„Achtung: Original!“: Mo – Sa, 10 – 22 Uhr; So, 12 – 18 Uhr; stilwerk, Große Elbstraße 68, bis 21 Februar. Teilnahmekarten gibt es am Empfangs-tresen, die Gewinner werden am Sonnabend, 20. Februar, 14 Uhr bekanntgegeben.
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