Der sonntaz-Streit: „Es braucht die Piraten“
Hier finden Sie weitere Antworten auf die sonntaz-Frage „Brauchen wir die Piraten noch?“ – unter anderem von Anke Domscheit-Berg.
A nke Domscheit-Berg, Vorsitzender der Brandenburger Piraten:
„Seit den letzten Wahlen sehen die Altparteien noch älter aus: Mehr Überwachung durch Schwarz-Rot im Bund; Grün-Schwarz regiert in Hessen. Es ist deprimierend. Es fehlt eine Partei mit Visionen für die Zukunft, in der man sich Revolutionen nicht nur vorstellen, sondern sie auch mitgestalten will. Die Piratenpartei ist dabei, die Partei des digitalen Zeitalters, so wie die Grünen einst die hellseherische Partei der Energiewende waren und Bedrohungen wie Chancen gleichermaßen erkannten.
Piraten sehen die Demokratisierung des Zugangs zu Wissen und Kultur durch das Internet und die Potenziale einer 3-D-Drucker-Revolution. Piraten entwerfen ein Demokratieupgrade durch mehr Transparenz und Partizipation. Piraten sehen aber auch, wie wir stattdessen ein Demokratie-Downgrade erleben, wie Geheimdienste außer Kontrolle gerieten, Industrievertreter zu unser aller Nachteil Gesetze schreiben, wie das Internet der Überwachung statt der Ermächtigung der Menschen dient. Es braucht die Piraten, um einen digitalen Totalitarismus zu verhindern. Es braucht sie auch als Vordenker einer sozialeren, digitalen Gesellschaft, die auf dem Gedanken des Teilens und der Teilhabe beruht.“
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Ihr Vater wird alt, sein Leben entgleitet ihm. Die Tochter fühlt sich verantwortlich und will helfen. Aber was, wenn er das nicht annimmt? Die Geschichte eines Erziehungsversuchs lesen Sie in der taz.am wochenende vom 4./5. Januar 2014 . Außerdem: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika werden die Welt im 21. Jahrhundert prägen. Schriftstellerinnen und Schriftsteller erzählen auf fünf Seiten von ihren Ländern. Und: Bernd das Brot packt aus. Deutschlands depressivste Fernsehfigur im Gespräch. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.
Gerwald Claus-Brunner, Mitglied der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus:
„Wer mit sehendem Auge und wachen Verstand die politischen Vorgänge in Berlin, Deutschland und Europa begleitet, wird feststellen, dass vieles in festen Ritualen und bürokratischen Vorgängen erstarrt ist. Der Mensch ist in diesem komplexen Geflecht eher nur Hindernis und wird, wenn er/sie mehr Einfluß einfordert, als Störfaktor behandelt und in der öffentlichen Berichterstattung als sogenannter Wutbürger oder Krawallmacher diffamiert.
Die Piratenpartei hat sich aus dieser Kernforderung, dass Menschen an den politischen Prozessen beteiligt werden wollen, mitbestimmen können, erst überhaupt kristallisiert und gegründet. Wir sind auch die erste Partei, die außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen eine Verbindung auf europäischer und planetarer Ebene aufgestellt hat, da unsere Kernforderung eben überall universell erfüllt werden muss.
Die Piratenpartei in Deutschland ist derzeit gut sieben Jahre alt und hat in diesem Zeitraum zwei große Eintrittswellen verarbeiten müssen, die in der Parteienlandschaft ohne Vergleich dastehen. Wir haben reichlich Fehler gemacht und wir werden weiterhin Fehler machen.Genauso wie es nötig ist, durch Fehler zu lernen, muss auch eine Kultur herrschen, die es zulässt, dass Menschen Fehler machen können. Die Erwartungen, die an uns 2011/2012 gerichtet wurden, haben wir nicht einmal im Ansatz erfüllen können.
Was dazu führte, dass die Menschen auch schnell wieder enttäuscht waren. Zu den Umfrageergebnissen möchte ich anmerken, dass die zweistelligen Werte anfangs 2012 auch deutlich überhöht waren. Die zeitgleich stattfindenden Wahlen im Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen belegten einen eher realistischeren Wert um sieben bis acht Prozent.
Die Sinnhaftigkeit der Fünf-Prozent-Sperrklausel wird ja auch in Frage gestellt werden müssen, wenn mehr als 16 Prozent der Wählerstimmen nicht im Deutschen Bundestag vertreten sind. Es wird von uns zu Recht gefordert, Basisdemokratie und -beteiligung mit Leben und Inhalt zu füllen und dass wir das bisher unzureichend erfüllen, ist ein nicht tolerierbarer Fehler der abgestellt gehört.“
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Robert Stein-Holzheim, ehemaliger strategischer Berater des Piraten-Vorstandes und Mitglied des Strategieteams für die Bundestagswahl 2013:
„Die Piratenpartei trat einst auch an, um dass klassische Machtspiel der Politik in Richtung Kooperation zu transzendieren. Marina Weisband sagte sinngemäß: „Wir wollen uns überflüssig machen.“ Wir waren und sind leider noch nicht jene, die als Vorbilder für einen dem Ganzen förderlichen Umgang vorrausgehen. Im Gegenteil: Der irrwitzige Kampf, das eigene Weltbild durchzusetzen, tobt ungebremst.
Diese Politik der Schmähungen, persönlicher Angriffe, perfide Machtspiele usw. gehört ganz eigentlich in das Repertoire der ewig Gestrigen, die mit absolutistischem Mindset und Dominanz um jeden Preis herrschen wollen – und sei es nur über die Deutungshoheit einer kleinen Partei. Nur eine steigende Bewusstheit und der ernst gemeinte Ansatz, Würdigung, Demokratie und Kooperation als Basis des Handelns anzunehmen, kann die Piratenpartei vor Selbstzerfleischung und Irrelevanz retten. Das würde eine wirklich „moderne“, postmaterialistische Partei ermöglichen. Denn: das Systemupdate brauchen wir und die Gesellschaft mit jedem Tag dringender ...“
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