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„Der letzte Tropfen Benzin“: Energienotstand in Bulgarien

Sofia (dpa/adn) — „Die Öltanks sind leer“, titelt am Donnerstag die bulgarische Zeitung 'Svoboden narod‘ in Sofia, und die Nachrichtenagentur des Landes schreibt: „Der letzte Tropfen Benzin wird hergestellt.“ In Bulgarien hat die Regierung den Energienotstand ausgerufen. Die staatliche Monopolfirma „Petrol“ hat vom 2. Januar an für zwei Wochen alle Tankstellen im Lande sowohl für private als auch für staatliche Autos geschlossen. Die Ölreserven seien fast bis auf null gesunken und reichen nach Presseberichten nur noch bis zum kommenden Sonntag.

Eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht. „Petrol“ kündigte am Donnerstag die Schließung der Tankstellen für „mindestens noch weitere zwei Wochen“ an. Sollte Bulgarien nicht einmal „kleine Mengen von Roh- und Energiestoffen“ einführen können, droht schon im Februar die Schließung großer Industriebetriebe, malte auch Regierungschef Dimiter Popow ein schwarzes Bild. Der Zusammenbruch der Energieversorgung trifft eine schon bisher an Engpässe gewöhnte Bevölkerung: Tägliche Stromsperren gehörten seit Monaten ebenso zum Alltag wie nächtliches stundenlanges Schlangestehen vor Tankstellen trotz Rationierungen.

Die Hoffnung Bulgariens ruht einmal mehr auf dem bisher engsten Verbündeten, der Sowjetunion. Bulgariens Regierung hat nach Presseberichten einen verzweifelten Hilferuf an den ehemals „großen Bruder“ gerichtet. Premierminister Dimiter Popow schickte seinem sowjetischen Amtskollegen eine Botschaft und bat dringend um eine Fortsetzung der Lieferungen. Noch im letzten Dezember hatte Moskau 550.000 Tonnen Rohöl im Monat zugesagt. Doch nur 243.000 Tonnen seien im letzten Monat tatsächlich in Bulgarien eingetroffen. Und jetzt stoppte die UdSSR diese Lieferungen offenbar ganz, aus Unzufriedenheit über die mangelnde Qualität bulgarischer Waren, mit denen der Rohstoff bezahlt wurde. Bulgarien kann auch nicht auf die internationalen Ölmärkte ausweichen, da die Staatskassen leer sind.

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