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■ KommentarDer lachende Dritte

Der Zeitpunkt war gut gewählt. Eine Woche vor dem Landesparteitag legt SPD-Senator Peter Strieder eigene Thesen zur Finanzpolitik vor. Tenor: Wer wie Diepgen in seinen Leitlinien eine antizyklische Wirtschaftspolitik fordere, dem fehle der Mut zur Konsolidierung des Haushalts. Strieders Einmischung folgt der parteiinternen Logik: Nach der Wahl war er von der Parteilinken als Gegengewicht zu Diepgen an den Senatstisch gehievt worden. Lange mußte er warten, bis er der Rolle gerecht werden konnte. Nun hat er seine Chance ergriffen und indirekt seine Ambitionen auf eine Spitzenkandidatur unterstrichen. Strieder wird das natürlich dementieren, in der Partei aber ist es ein offenes Geheimnis: Er gilt als einer der wenigen, wenn nicht der einzige SPD-Kandidat für 1999.

Noch vor ein paar Wochen, mitten in der Sommerpause, mußte er um seinen Ruf als Diepgen-Kontrahent fürchten. Vertreter des linken Flügels hatten mehr Courage von ihm eingeklagt. Nun hat Strieder gleich doppelt aufgeholt: gegenüber der CDU und in der eigenen Partei. Während SPD-Fraktionschef Klaus Böger durch mißverständliche Äußerungen zur Finanzpolitik seine Position schwächte, stützt Strieder die in Schwierigkeiten geratene SPD-Finanzsenatorin. Ob aber die SPD-Linke an seinem Papier ihre Freude haben wird? Strieder wäre eben nicht Strieder, wenn er nicht mit unorthodoxen Thesen hantieren würde. Und einiges in seinen Leitlinien, etwa zur finanziellen Selbständigkeit der Hochschulen, könnten glattweg liberale CDU-Vertreter unterschreiben. Severin Weiland

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