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Der hessische Ministerpräsident hat gelogen. Gestern musste er zugeben, Einnahmen noch als regulär bezeichnet zu haben, obwohl er wusste, dass das Geld von schwarzen CDU-Konten stammte. Zu den Bad Guys zählt er sich nicht. Das sind Kanther und Prinz WittgensteinKochs sauber gewaschene Millionen

Wer in der Affäre um die schwarzen Konten der hessischen Union in der Schweiz und die ominöse Stiftung „Zaunkönig“ in Liechtenstein die eigentlichen Bad Guys sind, steht für Roland Koch inzwischen fest. Glaubt man dem hessischen Ministerpräsidenten, der gestern in Wiesbaden knapp zwei Stunden lang gestützt auf den Bericht des ehemaligen CDU-Finanzberaters Horst Weyrauch eine selbst verfasste Chronologie der „unschönen Ereignisse“ referierte, ist der Dunkel- und Übelmann Nr. 1 der 82 Jahre alte Prinz Casimir Sayn-Wittgenstein. Der Prinz war knapp zwanzig Jahre Kassenwart der CDU in Hessen. Auf Anweisung des Prinzen habe Weyrauch 1983 die drei schwarzen Konten bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute UBS) eingerichtet und diese mit 20,8 Millionen Mark bestückt. Der Prinz erfand die perfide Legende von den angeblich „im Ausland verstorbenen reichen Juden“, die der hessischen CDU ihr Vermögen vererbt hätten. Damit erklärte er die Rückflüsse von Millionenbeträgen auf die Konten der hessischen und der Frankfurter Union. Und der Prinz und sein Vetter in Liechtenstein richteten in Vaduz die Geldwaschanlage „Zaunkönig“ ein. „Selten und seltsam“ nannte Koch das Gebaren des Prinzen; und so müsse auch das Verhalten von Manfred Kanther bewertet werden.

Kanther, Saubermann der Union, ist Kochs Bad Guy Nr. 2. „Niemals für möglich gehalten“ habe er das, was Kanther ihm im Januar gebeichtet habe, sagte Koch. Ein geheimbündlerisches Finanzierungssystem sei 1983 mit Billigung von Kanther vom Prinzen konzipiert und dann realisiert worden, um das Vermögen der hessischen CDU illegal – am Parteiengesetz vorbei – ins Ausland transferieren zu können.

Der ehemalige Bundesinnenminister, der 1983 Generalsekretär der hessischen CDU war, habe sich damit schuldig gemacht. Und Kanther habe noch im Januar 2000 versucht, alles zu vertuschen, so Koch. Deshalb habe „nur unter schwierigsten psychologischen Bedingungen Aufklärungsarbeit geleistet“ werden können. Verdiente Parteimitglieder seien hochnotpeinlichen Befragungen unterzogen worden: „Alles keine vergnügungssteuerpflichtigen Veranstaltungen“, meinte Koch.

Und Weyrauch? Kein Bad Guy? Ein bisschen nur. Der Mann handelte treuhänderisch im Auftrag des Prinzen. Weyrauch der Kofferträger. Geld wanderte immer nur bar hin und wieder her.

Geld der Staatsbürgerlichen Vereinigung soll nicht dabei gewesen sein, sagte Koch auch. Alles angespart von der fleißigen Union in Hessen in den Jahren bis 1983. Was zurückgeflossen ist, und darauf legte Koch großen Wert, sei deshalb auch alles Geld der Union. Der Rest von 17 Millionen liegt jetzt auf einem Konto der CDU in Hessen.

Die Bad Guys sind benannt. Und wer ist der Gute? Etwa Koch, der für „brutalstmögliche Aufklärung“ sorgte? Weyrauch sprach die Parteivorsitzenden immer frei. Die hätten nie etwas gewusst. Freispruch auch für Koch? Der musste gestern zugeben, gelogen zu haben. Dass das Darlehen von knapp zwei Millionen Mark, das der Prinz der hessischen CDU in der Amtszeit von Koch zur Verfügung stellte, kein Darlehen war, sondern Schwarzgeld, wusste Koch schon Anfang des Jahres. Gesagt hat er aber, dass in seiner Amtszeit kein dubioses Geld geflossen sei. Dafür müsse er sich entschuldigen, trug Koch vor. Zurück bleibt ein Kratzer am Aufklärungsimage.

Klaus-Peter Klingelschmitt, Frankfurt

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