: Der aus dem Dickicht kommt
■ Im Interview: Harald Spörl wurde gestern 30 und hat sich beim HSV zur Leitfigur entwickelt
Harald Spörl, genannt Lumpi, feierte gestern seinen dreißigsten Geburtstag. Der gebürtige Franke, seit zehn Jahren Profi-Fußballer beim Hamburger Sportverein, ist eines der Aushängeschilder der neuen, erfolgsorientierten Gangart des Renommierklubs. Zur Zeit ist der Stammspieler des HSV verletzt und fällt bis Ende des Jahres aus.
taz: Wann hat Harald Spörl angefangen, Fußball zu spielen?
Harald Spörl: Ich habe mit sechs Jahren in meinem Heimatclub FC Bamberg angefangen. Als Achtzehnjähriger schoß ich für Frohnlach in der Bayernliga, also der höchsten Amateurliga, zwölf Tore. So bin ich von einem Spielerbeobachter entdeckt worden und habe unter Trainer Ernst Happel eine Woche Probetraining in Hamburg gemacht. Happel meinte dann, ich könnte es schaffen.
Was bedeutete es damals für Sie, nach Hamburg zu kommen?
Es ist schon schwer, wenn man aus einer Kleinstadt kommt, jung ist und dann auf einmal 600 Kilometer von Zuhause weg in einer Großstadt leben soll. Meine jetzige Frau kam dann jedoch auch nach Hamburg. Es war anfangs nicht immer einfach.
Zum Beispiel?
Heute kann ich darüber lachen. Wir hatten Showtraining, bei dem die neuen Spieler präsentiert wurden. Den anderen Neulingen hatten die Journalisten mehrere Fragen gestellt. Dann wurde mir eine Frage gestellt, ich habe sie beantwortet, damals natürlich mit vollem Dialekt. Plötzlich war das Gelächter groß. Nach dieser Frage war das Thema durch, das hat mich schon getroffen. Das Positive kam erst nach ein bis zwei Jahren, nachdem ich mir einen Freundeskreis aufgebaut hatte.
Sie haben beim HSV unter sechs Trainern gearbeitet. Wer hat Sie am meisten geprägt?
Josip Skoblar habe ich sehr viel zu verdanken. Die ersten Wochen habe ich nicht gespielt. Dann hatte ich das Glück, das man auch braucht, und schoß gleich in meinem ersten Spiel ein Tor. Von nun an war ich in der Mannschaft drin. Nach Skoblar kam Willi Reimann, unter dem meine Entwicklung auch recht positiv verlief. Er hat mich nicht verheizt, das erste, was er machte, war, mich auf die Bank zu setzen. Das hat mir damals nicht gepaßt. Jetzt sehe ich das ganz anders. Er hat mich häufig eingewechselt. In dieser Saison habe ich neun Tore geschossen. Es ist gut, junge Spieler nicht durchspielen zu lassen. Das halten sie meistens nicht die ganze Saison über durch.
Erheben Sie Ansprüche, in der Nationalelf zu spielen?
Ich habe in der vorigen Saison vierzehn Tore geschossen und acht vorbereitet. Ich habe das ganze Jahr über gut gespielt. Dieses Jahr lief es ähnlich, mit vier Treffern und vier Vorbereitungen. Das bestätigt meine Leistungen, es wird jedoch recht schwer sein, Nationalspieler zu werden. Mit Mario Basler und Mehmet Scholl ist meine Position von sehr guten Spielern besetzt.
Sie gelten als introvertiert. Wäre es für Ihre Karriere nicht sinnvoll, mehr in die Offensive zu gehen?
Mir wird immer nachgesagt, ich sei ein ruhiger Typ, das ist halt meine Art. Ich will das nicht ändern, nur um mehr im Mittelpunkt zu stehen. Das wäre vielleicht eine Möglichkeit, um in der Nationalelf zu spielen. Aber entscheidend ist nicht, wie man sich verkauft, sondern was auf dem Platz passiert.
Sind Sie nur auf dem Platz eine Leitfigur oder auch mannschaftsintern?
Es ist normal, daß derjenige, der schon ein paar Jahre auf dem Buckel hat, einiges zu sagen hat. Ich versuche schon, den jungen Spielern zu helfen.
Was hat Harald Spörl nach seiner Laufbahn als Fußballprofi vor?
Ich habe demnächst Vertragsverhandlungen und möchte neben einer Verlängerung auch eine Absicherung für die Zukunft. Ich könnte mir vorstellen, im Marketingbereich für den Verein tätig zu sein oder als Trainer im Jugendbereich.
Otto Rehhagel sagte einst: „Harald Spörl kommt aus dem Dickicht, und dann schlägt er zu.“ Ihr Kommentar zu diesem Satz?
Ich glaube, er meint, daß ich, wenn es gefährlich vorm Tor wird, meist mitbeteiligt bin. Ich versuche, in jedem Spiel ein Tor zu erzielen, dabei spiele ich viel ohne Ball.
Welches Tor war ihr schönstes?
Mit Sicherheit mein fünfzigstes Bundesligator. Es war in dieser Saison der Rückzieher gegen Freiburg.
Fragen: Martin Sonnleitner
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