: Der Zappelherbert
■ Irrwisch Grönemeyer in der Stadthalle
Dieser Mann ist schon ein kleines Phänomen. Ein musizierender Schauspieler, ein Sänger ohne Stimme, ein Tänzer ohne Anmut, ein stammelnder Poet. Doch die Leute lieben ihn. Herbert Grönemeyer bewies es sich, uns und seinen Fans wieder einmal in der Stadthalle.
Grönemeyer muß um die Herzen und Stimmen des Publikums nicht kämpfen. Bereits bei den ersten Takten tost die gefüllte Stadthalle. Alte Hits, aktuelle Platte — egal, das Publikum singt mit.
Auch, wenn der Sound schwammig ist, wenn die Band mit Ausnahme des Saxophonisten und des Trommlers, der bei „Mambo“ wirklich hörenswert die Trommelfelle beackert, eher im Hintergrund agiert. Der Chef ist Herbert. Neben dem Mikrofon ist Grönemeyers wichtigstes Utensil das Schweißtuch.
Und dann dieses Tempo. Eine Grönemeyer-Live-Platte sollte den Titel „Hektik“ tragen. Die Songs hintereinander auf Höchstgeschwindigkeit beschleunigt, die Ansagen ein gestammeltes Stakkato, Grönemeyer brüllt, kreischt, röhrt. Nur singen tut er nicht. Da hilft ihm der Keyboarder aus, und natürlich das Publikum. Mit ihm spielt der Bochumer, dirigiert es mit Gesten, läßt sich von ihm mit Gummibärchen bewerfen. Und alle folgen ihm durch 180 rasante Minuten, durch Medleys seiner alten Hits, durch neue Songs, durch immer noch schöne Balladen, durch die Zugaben. Nein, Grönemeyer kann nicht tanzen und nicht singen. Na und? Die Menschen in der Stadthalle haben sich prima amüsiert.
Bernhard Pötter
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