Der Wochenendkrimi : Arbeitsessen mit Absturzfolge
„Tatort: Schattenhochzeit“, So., 20.15 Uhr, ARD
Einer der interessantesten Prozesse im deutschen Wochenendkrimi ist die Menschwerdung des Kieler Kommissars Klaus Borowski. Der Schauspieler Axel Milberg verfolgt sie seit einigen „Tatort“-Episoden so still wie unnachgiebig. Wenn man ihn ausreichend löchert, gesteht Milberg ein, dass sich der Choleriker und Opferabwatscher Borowski tatsächlich irgendwann in einen umgänglichen Zeitgenossen verwandeln könnte. Das wird allerdings noch dauern.
Immerhin wird er in „Schattenhochzeit“ nun unter Alkohol- und Salsa-Einfluss so weich, dass eine gemeinsame Nacht mit der verhassten Frieda Jung in den Bereich des Möglichen rückt. Die Polizeipsychologin, von Maren Eggert mit wenigen prägnanten Szenen zur charismatischsten Nebendarstellerin in einem „Tatort“ erhoben, ist Borowski schlimmster Feind: Sie scheint ihn zu verstehen, das demütigt ihn. Umso schlimmer, dass der Grambolzen am Morgen nach dem gemeinsamen Arbeitsessen mit Absturzfolge die Kondome im Badezimmerschrank nachzählen muss. Hat er oder hat er nicht? Der Krimiplot (Buch: Karl-Heinz Käfer, Regie: Kaspar Heidelbach) gerät angesichts dieser Frage ins Hintertreffen.
Es geht um die Scheinehe einer jungen Kubanerin (Lina Rebecca), die mit einem Werftangestellten verheiratet ist, aber auch ein Verhältnis mit dem Besitzer eben dieser Werft (Vadim Glowna) hat. Zwei Tote sind zu beklagen, darunter auch der Alibi-Gatte. Die kubanische Witwe guckt den ganzen Tag Telenovelas und versteht kein Deutsch, aus der ist nichts rauszukriegen. Der Ermittler bewegt sich mit der Handlung im Kreis. Die Herkunft der jungen Frau erlaubt es, immer mal wieder Salsarhythmen anklingen zu lassen; die erinnern Borowski an den verbotenen Flirt mit der Kollegin und machen ihn nur umso mürber. Irgendwie verkatert, dieser Krimi.
CHRISTIAN BUSS