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Der Wert des FrauentennisVoranschreitende Verachtung

„Wenn ich eine Spielerin wäre, würde ich jeden Abend auf die Knie gehen und Gott dafür danken, dass Roger Federer und Rafael Nadal geboren wurden, weil sie diesen Sport getragen haben.“ Im Wesentlichen wegen dieses Satzes ist gerade der Turnierleiter des renommierten Tennisturniers von Indian Wells, Raymond Moor, zurückgetreten. Nicht ohne dabei der Tenniswelt eine Machismus- und Sexismusdebatte hinterlassen zu haben.

Aus deutscher Sicht verstehen viele wohl nicht, wovon der Mann da geredet hat. Männer sind es, die großes Tennis spielen? Sabine Lisicki, Andrea Petkovic und Angelique Kerber, das sind aktuell die deutschen Sportlerinnen, die man auch dann kennt, wenn man sich nicht für Tennis interessiert. Der seit Jahren beste Mann ist dagegen – wer nochmal? Philipp Kohlschreiber heißt er.

Man kennt die Debatten darüber, wie der Sport von Frauen gegenüber dem der Männer zu bewerten sei, zur Genüge. Besonders im Fußball. Das, was Frauen bei ihrer WM zusammenkicken, kriege jeder Freizeitkicker mit Plauze noch allemal hin. Frauenfußball sei ein Fall für die Paralympics, hat der Schauspieler Lars Eidinger mal gesagt.

Im Tennis tat man so, als sei man da weiter. Bei den Major-Turnieren bekommen die Frauen inzwischen dieselben Preisgelder wie die Männer. Wie brüchig selbst diese Errungenschaft ist, wird gerade wieder deutlich durch Äußerungen von Novak Đoković, der Nummer eins im Männertennis. Der ließ durchblicken, dass er sein Tennis und das seiner Kollegen schon für bedeutender, besser, anstrengender oder was auch immer hält als das seiner Kolleginnen und dementsprechend auch höhere Preisgelder anstrebt.

In der Tenniswelt scheint gerade etwas an die Oberfläche zu kriechen, was eigentlich die ganze Zeit vorhanden war: eine gewisse Verachtung für das Frauentennis. Modernes Frauentennis gilt vielen als stupides Eindreschen auf die Bälle von der Grundlinie, während so getan wird, als würde das Männertennis aus lauter Roger Federers bestehen, aus Ballkünstlern und Zauberern. Dabei dominieren auch bei den Männern die Grundlinienspieler, während das letzte Finale der Australian Open zwischen Serena Williams und Angelique Kerber gezeigt hat, wie durchdacht und fan­tasievoll Frauentennis sein kann.

Etliche Tennisfrauen müssen sich außerdem anhören, sie würden besser aussehen als Tennis spielen. Von Anna Kurnikowa bis Sabine Lisicki reicht die lange Liste derjenigen, die angeblich auf dem Parkett eine bessere Figur machen würden als auf dem Platz. Ganz so, als ob diese Frauen etwas dafür könnten, dass sie glamouröser sind als all die langweiligen Ballarbeiter bei den Männern.

Jeder Vereinsspieler kennt auch eine Geschichte, die vor beinahe 20 Jahren spielt. Der abgehalfterte deutsche Profi Karsten Braasch soll auf einem Nebenplatz der Australien Open zuerst Serena Williams und dann ihre Schwester abgefertigt haben. Braasch war angeblich Kettenraucher und habe vor den Spielen noch ein paar Biere gekippt. Bis heute wird diese Geschichte genüsslich kolportiert, wenn es mal wieder um das Leistungsgefälle zwischen Frauen- und Männertennis geht. Dass die Williams-Schwestern damals noch weit von der Weltspitze entfernte Teenies waren und das Ganze eine Spaßveranstaltung war, wird dabei gerne unter den Tisch gekehrt. Andreas Hartmann

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