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Der Weltsport und der UkrainekriegDer Gürtel wird enger

Bislang reagieren die internationalen Sportverbände vorbildlich auf die neue Lage. An schmutzigem Geld ist im Profisport aber so einiges im Umlauf.

Wenn Videowürfel politisch werden: Bundesliga-Fußballstation in Frankfurt am Main am Samstag Foto: Arne Dedert/dpa

Wien taz | Das wird ihm definitiv das Kreuz brechen: Der russische Präsident Wladimir Putin ist als Ehrenpräsident des Judo-Weltverbands suspendiert worden. Das teilte die IJF am Sonntag mit. Den schwarzen Gürtel darf Putin zwar vorerst behalten. Aber: „Die Sportgemeinschaft muss vereint und stark bleiben, um einander zu unterstützen, um Frieden und Freundschaft, Harmonie und Einheit zu fördern“, hieß es am Freitag in einer Mitteilung des Verbands. Vom Weltreiterverband FEI, der außer mit Corona noch immer mit dem bei Pferden gefährlichen Herpes-Virus zu kämpfen hat, ist Ähnliches noch nicht verlautbart worden. Aber auch dieser Verband hat sich bislang nicht vor politisch mutigen Entscheidungen gedrückt: So schloss der FEI im November 2021 die Vereinigten Arabischen Emirate aus, wegen Tierquälerei.

Warum der leicht launige Einstieg? Die Sportwelt macht seit Tagen tatsächlich einiges richtig. Es gibt nicht nur Symbolpolitik wie in Frankfurt (siehe Bild), sondern auch harte Entscheidungen, die Russland zumindest auf dem prestigeträchtigen Feld des Sports weiter schaden können. Termine, Länderspiele, Vereinbarungen werden reihenweise gestrichen; zuletzt stand auch die Volleyball-WM „auf dem Prüfstand“, Boykotte eingeladener Nationen sind bereits eingegangen. Und Empörungsadressen in Richtung des russischen Aggressors gab es auch gleich reihenweise, sogar aus berufenen Mündern. Selbst das IOC hat zumindest nicht mit Kritik gespart.

Was bzw. wer aber fehlt in der illustren Reihe der Kriegsverächter? Richtig, die Fifa. Ihr Vorsitzender Gianno Infantino äußerte sich auf einer Pressekonferenz in der Woche zwar ebenfalls distanzierend: „Die Fifa verurteilt die Anwendung von Gewalt durch Russland in der Ukraine und jede Art von Gewalt zur Lösung von Konflikten“. Von Sanktionen oder gar dem Ausschluss Russlands aus laufenden Wettbewerben war bislang aber keine Rede: Die Spiele müssen weitergehen, der Ball muss wie der Rubel rollen, solange es irgendwie geht.

Erst Polen, dann Schweden und schließlich auch Tschechien haben da aber bereits für klare Verhältnisse gesorgt: Sie boykottieren die Playoffs zur WM in Katar. Polen hätte gegen Russland spielen müssen, die anderen beiden Nationen hätten den gegen den Sieger der Partie spielenden Endspielgegner ausgespielt. Daraus wird jetzt nichts; die Fifa wird sich etwas einfallen lassen müssen.

Auch das IOC zögert noch

Natürlich steht viel auf dem Spiel für den Weltverband, auch für die Uefa und andere Sportverbände, die reichlich Geld verlieren, sobald die Verbindungen zu den russischen Ölmagnaten und ihren staatlichen Vertretern gekappt werden. Die Frage ist, ob sie wirklich die Wahl haben, wenn sie es sich nicht endgültig bei der immer noch zahlungskräftigen westlichen Welt verscherzen wollen. Auch das IOC zögert noch mit Konsequenzen, dabei treten russische Teams bei den Spielen ohnehin nur noch unter „neutraler Fahne“ an, was im Grunde eine Farce ganz eigener Natur ist. Statt „Russland“ steht etwa „ROC“ im Medaillenspiegel – der bei den immer noch national denkenden Sportverbänden so wichtig ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Tatsächlich ist seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine im Sport so einiges in Bewegung – selbst in der englischen Premier League. Der Eigentümer des FC Chelsea, Putin-Freund und russischer Oligarch Roman Abramowitsch, hat „die Verwaltung“ seines Vereins vorsorglich schon mal abgegeben – eine reine Vorsichtsmaßnahme. „Dreckiges“ Geld ist im Profisport so einiges im Umlauf – es wird sich zeigen müssen, wie die „Verwalter“ dort, wo an diesem Schmutzgeld auch Blut klebt, damit umgehen.

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