: Der Weg und das Ziel
Das Hundekotgesetz - ein subversives Instrument der AL ? ■ K O M M E N T A R
Der erste und einzige Abstimmmungssieg einer Gesetzes -Initiative der AL ist mehr als eine Genugtung für die vielen Jahre karger und fruchtloser Oppositionsbellerei. Es beweist, daß die AL ein halbes Jahr vor den Wahlen den Nerv der Stadt gefunden hat. Mit ihrer Initiative hat sie die zur letzten Volksabstimmung mit einem Dackel angetretene CDU voll in die Scheiße tappen lassen. Und dennoch ist der Abgeordnetenhausbeschluß mehr: fast wie im leninistischen Lehrbuch wurde die parlamentarische Bühne für ein radikales Ziel genutzt.
Das jetzige Ergebnis lohnt die Mühen des Parlamentarismus, straft all die linken Schmähungen über den langen Marsch auf die Abgeordnetenbänke Lügen.
Man mag die Befreiung der Gehwege von der Kacke als zivilisatorischen Erfolg ansehen, in sich aber trägt es den Keim des gesellschaftlichen Umsturzes. Schon die Aufhebung des Fraktionszwangs bei der Abstimmung, ein überaus seltenes Schauspiel im Rathaus Schöneberg, deutete an, welche parteiübergreifende Sprengkraft in dem Gesetzeswerk lag. Auf der Straße setzt sich das seit gestern fort.
Was Flick-Bestechungen, Barschel-Badewanne und Flugbenzin -Steuerbefreiung nicht vermochte, schafft das Hundekotgesetz mühelos: das Volk verzweifelt am Staat - und steht auf. Eine neutrale Ecke gibt es nicht mehr, das Private ist endgültig das Politische geworden. Eine Bevölkerungshälfte wütet wegen der Anordnung, die Scheiße zu entfernen, die andere Bevölkerungshälfte rebelliert, weil die Polizei geltendes Recht nicht unnachgiebig verfolgt und den Hundebesitzern die Scheiße nicht sturzfrisch in die Jackentasche schiebt. Die Motive sind unterschiedlich, aber all die entrechteten Hundebesitzer und ekelgeschüttelten Kleinkrämer werden auf die gleiche Barrikade steigen. Staat, du hast verschissen. Gut gemacht, AL.
Gerd Nowakowski
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