: Der Versuch, Fußball zu spielen
■ Der FC St. Pauli blamiert sich tüchtig bei der 2:4-Niederlage gegen den VfL Osnabrück
Dietmar Demuth ist ein ausgeglichener Mensch. Normalerweise. Gestern aber schrie sich der Trainer des FC St. Pauli an der Außenlinie entlang den Frust über das Spiel seiner Mannschaft aus dem Leib. Und auch nach der 2:4-Niederlage seines Teams gegen den VfL Osnabrück fand er deutliche Worte: „Ich habe heute ein Team gesehen, das mit aller Macht versucht nicht abzusteigen, und eines, das mit aller Macht versucht, nicht aufzusteigen.“ Und setzte gleich noch einen obendrauf: „Wenn einige Herren jetzt denken, sie könnten Fußball spielen, nur weil sie auf Platz drei der Tabelle stehen, dann hat man heute gesehen, was dabei rauskommt.“ Einige Herren wie Heinz Weber zum Beispiel. Der Torwart rannte streckenweise durch den Strafraum wie ein Küken, das aus dem Nest gefallen ist und den Weg zurück nicht findet. Den Ball übrigens auch nicht. An den Toren war er aber wenigstens unschuldig.
Einige Herren wie Holger Stanislawski, André Trulsen und Zlatko Basic. Die so genannte Abwehr war gestern nicht auf dem Platz. Vor dem 0:1 versuchten gleich alle drei auf einmal, möglichst unbeteiligt zu wirken. Vor allem der ballführende Guido Spork durfte nur aus den Augenwinkeln taxiert, aber keinesfalls angegriffen werden. So blieb dem Osnabrücker nichts anderes übrig, als eine Vorlage zum Torschuss zu geben. Oder beim 0:2, als Ansgar Brinkmann von der Mittellinie den Ball führen durfte, bis er schließlich alleine Torhüter Weber gegenüberstand.
Einige Herren wie Henning Bürger. Nach einer guten halben Stunde ausgewechselt, weil er zu diesem Zeitpunkt schon die rote Karte verdient gehabt hätte. Oder Markus Lotter. Nicht einmal seine Kunstschüsse gelangen ihm mehr. Oder Fabian Gerber. Der Angsthase in braun-weiß wollte nach Möglichkeit gar nicht angespielt werden. Und wenn doch, dann musste er den Ball ganz schnell wieder loswerden, damit ihm ja kein Fehler unterläuft. Am liebsten drosch er ihn zurück zum eigenen Torwart, egal wie weit der weg war. Oder Christian „die Flanke wird auch wieder aus dem Strafraum geköpft“ Rahn. Oder Thomas „nimm du den Ball“ Meggle.
Bleibt noch: Der Angriff. Marcel Rath und Ivan Klasnic sind viel gelaufen, aber den Stiefel, den sie zuammenspielten, ließ nie auf einen Torerfolg hoffen. Jemand vergessen? Die Einwechselspieler Zlatan Bajramovic, Toralf Konetzke und Deniz Baris. Die drei konnten auch nichts mehr kaputt machen, waren aber besser als die ersten Elf.
Immerhin: Ein ausgeglichener Mensch wie Demuth findet auch wieder Ruhe. Nachdem er mit seinen Profis abgerechnet hatte, konnte er schon wieder lächeln. Trotzdem möchte man seinem ärgsten Feind nicht wünschen, heute an seinem Training teilnehmen zu müssen. Das Team aber hat es verdient.
Eberhard Spohd
St Pauli: Weber, Stanislawski, Trulsen (ab 58. Konetzke), Basic, Gerber, Lotter (ab 46. Baris), Meggle, Bürger (ab 37. Bajramovic), Rahn, Rath, Klasnic
Osnabrück: Brunn, Ukrow, Hey, Enochs, Halat, Rosen, Spork, Thioune (ab 74. Schiersand), Weiland, Brinkmann (ab 76. Petri), Claaßen (ab 58. Wenschlag) Sr.: Kinhöfer - Z.: 20725 (ausverkauft)
Tore: 0:1 Weiland (16.), 0:2 Brinkmann (24.), 0:3 Rosen (27.), 1:3 Konetzke (62.), 2:3 Meggle (75., Foulelfmeter), 2:4 Petri (90.)
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