: Der Roland ging baden
■ Ein Nachbau der Hansekogge von 1380 wurde am Wochenende getauft und stapelgehubt / Die Kogge soll bald an der Schlachte maritim vor sich hin schwimmen
Zum Schluss wurde es dann doch noch eng. Aber es half nichts: Der Termin für die Stapellegung stand schließlich schon ein halbes Jahr lang fest. Rund um die Uhr arbeitete man auf der Bremer Bootsbauwerft Vegesack, die Kogge musste am Sonntag unbedingt baden gehen und natürlich vorher erst mal zum Leben erweckt werden. Dann plötzlich: „So taufe ich dich auf den Namen ,Roland von Bremen'. Mögest du immer genügend Wasser unter dem Kiel haben!“ Taufpatin Christine Koschnick schleuderte beherzt eine Sektflasche gegen den Rumpf, der ihr gerade vom Schwimmkran hingehalten wurde. Der Sekt spritzte, der 100t-Koloss hatte seinen Namen. Alles richtig gemacht.
Ein großer Medientross beo-bachtete gestern das obligatorische Ritual auf dem ehemaligem Vulkan Gelände. Es gab Bewirtung und Informationen Häppchenweise, Shantymusik, Schlammgeborene, viel Sonnenschein und natürlich Ansprachen. “Ich wünsche mir, dass dieser Ursprung wieder in die Köppe und Herzen der Leute kommt“, umriss Bürgermeister Henning Scherf klar seine Erwartungen an dieses Projekt und meinte den maritimen Ursprung der Schlachte. Direktor Christian Hawel wollte mit den Fördermillionen seines Arbeitsamts „eine Brücke in den ersten Arbeitsmarkt“ für die 120 beteiligten HandwerkerInnen gebaut wissen. Eine Schiffsbrücke also.
Seit vier Jahren werkeln die Bootsbauer ABM und BSHG§19 gesponsort in der eigens errichteten Halle an dem guten Stück. Bauteil um Bauteil wurde aus dem Holze von eigens hierfür gefällten Eichen handgearbeitet und mit zehntausenden von geschmiedeten Nägeln zusammengefügt. Für die Baupläne griff man auf bereits vorhandene Rekonstruktionen, wie die „Ubena“, zurück, und wurde zusätzlich von der Hochschule Bremen, Fachbereich Schiffbau, und dem Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven unterstützt.
Das große Vorbild, die 1962 aus dem Weserschlick geborgene Hansekogge aus dem Mittelalter ist nach über 30-Jährigem Schlaf im Konservierungsbad mittlerweile dort ausgestellt und mit dem ges-trigen Tage gewissermaßen zum Wiedergänger mutiert.
Möglich wurde dieses Wunder durch exakt 5.086.457,00 Mark aus diversen Töpfen der EU, des Landes Bremen und des Arbeitsamtes und natürlich den fleißigen Händen der Menschen bei der BBV GmbH. Sie ist vor vier Jahren hervorgegangen aus der Fusion des Kutterwerks e.V. und der aucoop Bootswerft, damals noch auf der ehemaligen Stephaniwerft ansässig. Darüber hinaus sind deren Anfänge bereits im Dunkel versunken und werden von Mittarbeiter Arno Hopp auf „Mitte der 80er Jahre“ grob taxiert.
„Aber gehen Sie doch bitte hinter die Absperrung!“ Als es dann gegen Mittag zum zweiten, halb geheimen Höhepunkt des Festprogramms kam, stieg die Nervosität merklich. Schwimmkran „Thor“ hiefte die schiffgewordene deutsche Eiche unter großem Getute in die Weser.
Es traf tatsächlich ein, was auch Alle erwartet hatten: Der Täufling schwimmt und soll es demnächst auch an der Schlachte tun um dort, wie Frau Koschnick vorschlägt, „eine Brücke zwischen gestern und heute, zwischen Tradition und Zukunft“, zu schlagen. Noch eine Schiffsbrücke also. Olaf Liebert
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