Der Rabbiner David Goldberg: Reisender Beschneider angezeigt
4.000 problemlose Beschneidungen hat Rabbi Goldberg bereits durchgeführt. Ein deutscher Arzt hat nun wegen gefährlicher Körperverletzung Anzeige gegen ihn erstattet.
Bei David Goldberg steht das Telefon nicht mehr still. „Aus Israel und der ganzen Welt rufen sie an“, sagt der 64-Jährige aufgebracht. „Alle sind entsetzt.“ Der Grund für die Aufregung: Ein hessischer Arzt hat gegen den Rabbiner aus dem oberfränkischen Hof Strafanzeige erstattet.
Weil Goldberg weiterhin ohne ärztliche Approbation Beschneidungen durchführe, mache er sich der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Das zuständige Oberlandesgericht prüft, ob erstmals in Deutschland ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird.
Der Rabbiner, der 1993 von Israel entsandt wurde, um sich der jüdischen Gemeinde hierzulande anzunehmen, ist einer von insgesamt drei Mohalim in Deutschland, also ein nach jüdischer Tradition ausgebildeter Beschneider. Die Nachfrage nach seinem Dienst ist groß. Für Beschneidungen reist Goldberg durchs ganze Land und auch ins nahe Ausland.
Ende Juni hatte das Kölner Landgericht die Entfernung der Vorhaut bei Säuglingen ohne medizinische Indikation und Betäubung als Körperverletzung gewertet. Goldberg ließ sich davon nicht beirren. „Für mich hat sich nichts geändert“, sagte er gegenüber der taz.
Die Debatte über das Thema kann der Rabbiner nicht verstehen. Bereits vor vierzig Jahren habe er seine Ausbildung in Jerusalem bei einem erfahrenen Mohel gemacht. „Ein Jahr lang begleitet man den Experten bei der Arbeit“, erklärt Goldberg. Daneben besuche man medizinische Vorträge von erfahrenen Ärzten und mache eine Prüfung. Seither habe er mehr als 4.000 Beschneidungen durchgeführt – völlig problemlos, wie er sagt.
Medizinische Zusatzausbildung
Offiziell anerkannt ist seine Ausbildung in Deutschland nicht. Dem Vorschlag des Jerusalemer Oberrabbiners Yona Metzger, eine medizinische Zusatzausbildung zu absolvieren, um die Debatte zu befrieden, steht Rabbiner Goldberg skeptisch gegenüber.
„Lernen will ich immer“, sagte er der taz, ist aber sicher: „Die Ärzte in Deutschland haben wenig Erfahrung mit der Beschneidung von Säuglingen.“ Für ihn käme deshalb, wenn überhaupt, nur eine Zusatzausbildung durch israelische Ärzte in Betracht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen