■ Bonn apart: Der Putzfrauenkrieg
Die grausigen Nachrichten häufen sich: Störung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts (Hilfe, wir stürzen ab), Neubewertung der Goldreserven (o Schreck, unser Gold ist zuwenig wert), Haushaltssperre (bitte den Hintereingang benutzen!), der Euro, von dem laut Kohl „Krieg und Frieden“ abhängt, kommt möglicherweise doch nicht (also Frieden?). Die Apokalypse naht, Hamsterkäufe stehen bevor, werden wir das Jahr 2000 erleben?
Aus dem Düsseldorfer Finanzministerium erfahren wir, daß der Verteilungskampf bereits in vollem Gange ist. Dort hat die Haushaltssperre besonders tückisch zugeschlagen. Für eine ganze Etage ist nur ein Staubsauger da. Aber mehrere Putzfrauen.
Um den Job nicht zu verlieren, prügelten sich die Frauen um das Arbeitsgerät. Der Streit landete vor dem Düsseldorfer Amtsgericht. So weit wie immer: Die Großen verbocken den Mist, also auch den mit dem fehlenden Staubsauger, und die Kleinen müssen ihn ausbaden. Doch diesmal war es ein bißchen anders. Denn auch der Hintermann des Putzfrauenkriegs wurde angeklagt: Theo Waigel.
Nun gut, der Bundesfinanzminister mußte nicht vor Gericht erscheinen, schließlich saß er im Bundestag auf der Anklagebank. Die Ankläger forderten seine Ablösung. Man fragt sich, ob dies eine gerechte Strafe wäre. Schließlich würde Waigel als Pensionär fürs Nichtstun mehr Geld kassieren als viele Putzfrauen zusammen – selbst bei genügend Staubsaugern. So ging es nur um seine Ehre. Schade, daß kein unabhängiger Richter über Waigel befinden konnte.
So kam es, wie es kommen mußte: Wichtige Personen hielten patenschaftlich schützend ihre Hand über „Al Waigelone“. Er darf weiter Putzfrauen quälen. Markus Franz
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