: Der Norden bebte
■ Erdrumpeln in Niedersachsen / Bremen kam mit leichtem Tatterich davon
Bebende Betten in niedersächsischen Schlafzimmern, klirrende Gläser, wackelnde Kleiderschränke und schaukelnde Kronleuchter — was wie die Zusammenfassung der Softpornos und Horrorschinken vom Fernseh- Samstagabend klingt, das erlebten Sonntagnacht um 3.22 Uhr viele Niedersachsen live und in Farbe: Das größte Erdbeben in Deutschland seit 200 Jahren war bis in den Bremer Raum zu spüren.
Die Region um Osnabrück war eines der Epizentren des Bebens in Niedersachsen. Etwa 200 besorgte Bürger hätten angerufen, erzählte der Osnabrücker Polizeidirektor Bruno Richter. Die Leitungen seien überlastet und der Notruf blockiert gewesen. Kaum jemand ist allerdings auf die Idee gekommen, daß es ein Erdbeben gewesen sein könnte. Die meisten der wachgerüttelten 30 Anrufer bei der Osnabrücker Berufsfeuerwehr tippten, apokalyptisch bereits konditioniert, auf eine Bombenexplosion.
Im Institut für Geophysik an der Universität Göttingen mußten am Montagmorgen zuerst zwei der Aufzeichnungsgeräte für Erderschütterungen repariert werden. Die Beben waren auch in Göttingen so heftig, daß die Geräte bis zum Defekt übersteuerten. Eine ähnliche Erschütterung sei 1989 registriert worden, als ein unterirdisches Kalibergwerk bei Bad Hersfeld eingestürzt war, erzählte ein Mitarbeiter des Instituts.
Die Göttinger Wissenschaftler gehen von einem tektonischen Beben aus, bei dem zwei aneinander vorbeischrammende Teile der Erdkruste verspringen. In Göttingen sprang Erde nur um 0,7 Zentimeter; beim großen Erdbeben von San Francisco 1906 waren es glatte sechs Meter gewesen. Trotz der tektonisch mildernden Umstände im Vergleich zu Kalifornien waren die niedersächsischen Erdstöße sogar in Bremen zu spüren, wenn auch nur sehr schwach. Eine Bremerin berichtete: „Ich bin für einen Moment wach geworden, mein Freund hat kurz Laut gegeben, aber dann bin ich gleich wieder eingeschlafen.“ J.G.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen