Der Lauschangriff: Merkel & Co. auf der Couch
Angela Merkel, Ursula von der Leyen und Kristina Schröder treffen sich zur Gruppentherapie. Den Unionsfrauen macht die Quote zu schaffen.
Was tun, wenn drei führende Politikerinnen der gleichen Partei sich partout nicht auf eine Quote für das eigene Geschlecht einigen können? Man könnte sie zur Gruppentherapie schicken – unbedingt bei einem Mann, schließlich will die Union eine Frauenquote von 30 Prozent erst ab 2020, und das auch nur in börsenorientierten Unternehmen.
Angela Merkel legt sich zuerst auf die Couch und tut das, was sie gut kann: reden, ohne wirklich was zu sagen. „Die CDU ist die große Volkspartei in Deutschland, die sich schon seit langem mit der Frage befasst, wie wir mehr Frauen in Spitzenpositionen bringen können“, sagt die Kanzlerin, die aus einem Land kommt, wo Frauen, ganz ohne Quote, „Kranführer“ und „Schweißer“ wurden.
Leicht genervt räumt sie die Couch für Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, eine absolute Quotenbefürworterin. „Wenn die Länder Europas international wettbewerbsfähig bleiben wollen, dann geht das nicht ohne Frauen an der Spitze“, sagt sie und macht Platz für Familienministerin Kristina Schröder, die bis zuletzt die sogenannte Flexi-Quote verteidigt hat.
Danach sollen sich Großunternehmen selbst auf eine Quote in ihren Aufsichtsräten und Vorständen verpflichten. Sobald die Firmen ihre Quote veröffentlichen, droht sie, werde „eine Diskussion in Deutschland losgehen, wie es sie noch nie gab“. Merkel schubst sie kurzerhand vom Sofa. „Fragen von Gleichstellung, Familienpolitik, auch das Betreuungsgeld – so etwas wird bei uns in der CDU immer mit sehr viel Herzblut diskutiert.“
Dieser Text stammt aus der neuen taz.am wochenende vom 20./21. April. Mit großen Reportagen, spannenden Geschichten und den entscheidenden kleinen Nebensachen. Mit dem, was aus der Woche bleibt und dem, was in der nächsten kommt.
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Der Therapeut bittet von der Leyen noch einmal in die Horizontale. Doch Merkel macht keine Anstalten, sich zu erheben. Widerwillig gibt sie einige Zentimeter auf dem Polster frei. „Wir sind im Augenblick, was Frauen in den Führungspositionen angeht, auf Höhe mit Indien, hinter Russland, hinter Brasilien, hinter China“, schimpft von der Leyen. „Divers zusammengesetzte Führungsebenen erzielen bessere Ergebnisse. Das liegt nicht daran, dass Frauen besser sind, sondern dass sie anders sind.“ Merkel sagt jetzt nichts, sie tippt eine SMS, die die gewünschte Wirkung zeigt.
„Wir haben nicht die Richtung gewechselt, sondern gehen stramm voran“, lenkt von der Leyen ein. Merkel springt auf, lächelt und legt andächtig die Spitzen ihrer kleinen Hände aneinander. „Nicht alle Frauen denken gleich.“
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