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Das PortraitDer Kronzeuge

■ Giovianni Brusca

Noch in Freiheit galt Giovanni Brusca als einer der gefährlichsten Mafiabosse überhaupt. Richtige Berühmtheit erlangte er, als er die Ermordung des bestgeschützten Mafiajägers aller Zeiten, des Richters Giovanni Falcone, organisierte. Am 18.Mai 1992 explodierten ein paar hundert Kilogramm Sprengstoff, von Brusca persönlich gezündet, als Falcone mit seiner Frau und seinen vier Eskortebeamten an der Autobahnkurve von Capace kurz vor Palermo vorbeifuhr – das reichte. Brusca, der daraufhin in die Führungsebene der Cosa Nostra aufrückte, trat ein halbes Jahr später an die Stelle des Chefs Salvatore Riina, als der verhaftet wurde. Hundert eigenhändige Morde und mehrere hundert Mordaufträge werden ihm zur Last gelegt.

Auch nach seiner Verhaftung im Mai diesen Jahres scheint der 36jährige Brusca einer der gefährlichsten Mafiosi zu bleiben, etwa für Italiens 78jährigen Exministerpräsidenten Giulio Andreotti: Für den hatte es vorige Woche in den Prozessen wegen mafioser Bandenbildung (Palermo) und Anstiftung zum Mord (Perugia) so gut ausgesehen. Brusca, so hieß es, habe Andreotti umfassend entlastet. Das jedenfalls hatte der für ihn bis Anfang August tätige Rechtsanwalt Ganci berichtet.

In einem mehr als sechs Stunden langen Verhör seitens der drei ermittelnden Staatsanwaltschaften – Palermo, Caltanissetta und Florenz (hier wegen mehrerer Sprengstoffanschläge 1993) – erklärte Brusca nun, er habe seinerzeit seinem Verteidiger in der Tat erzählt, zu ihm wie zu anderen Mafiosi seien „hohe Vertreter staatlicher Einrichtungen“ gekommen und hätten Strafnachlaß versprochen, wenn die Mafiosi Andreotti der Zusammenarbeit mit der Cosa Nostra beschuldigten. Doch das sei eine Lüge gewesen, teilweise habe es sich auch nur um Scherze gehandelt – einmal zum Beispiel sei er tatsächlich in demselben Flugzeug gesessen wie der derzeitige Parlamentspräsident Luciano Violante, damals Vorsitzender der Antimafia-Kommission, und habe sich einfach ausgemalt, wie er diesen bei der Mafia besonders verhaßten Mann hereinlegen könne. Verteidiger Ganci fürchtet wegen der von ihm lancierten falschen Meldungen mittlerweile um sein Leben. Werner Raith, Rom

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