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Der Kommunist als König Kunde

Nach Angaben des CDU–Abgeordneten Jürgen T. sind 90 Prozent der Millionen Flüchtlinge in der Welt vor dem Kommunismus geflohen. Er benannte die Sowjetunion als Hauptschuldigen dieser dramatischen Situation und regte an, „in die Offensive zu gehen“, um die Beendigung des von ihr verursachten Flüchtlingselends einzufordern. Das sind vertraute Töne derer, die wollen, daß die Welt wieder so wird, wie sie einmal war, oder mindestens so bleibt, wie sie ist. Doch mit der Abschaffung der Sowjetunion sind die Vorväter und Freunde des Herrn T. schon seit der Oktoberrevolution vor 60 Jahren beschäftigt. Inzwischen geht das „Gespenst des Kommunismus“ nicht nur um in Europa, sondern in der ganzen Welt. Millionen Menschen sterben an Hunger, leben in Slums oder sind ohne jedes Obdach und sind arbeitslos. In dieser polarisierten Welt gibt es natürlich auch Menschen auf der Suche nach einem anderen oder besseren Leben. Doch die Mehrzahl identifiziert sich mit ihrer Heimat. Auch in der Sowjetunion, auch in der DDR. Die Gegenwart ist durch die Tatsache charakterisiert, daß aus Kommunisten Kunden werden. Aus Gründen des gegenseitigen Vorteils. Das wird zwar den Abgeordneten Jürgen T. nicht ändern, aber den notwendigen Beschlüssen des Parlaments wird er zustimmen müssen - wenn auch zähneknirschend. Hermann Henselmann

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