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Der Kapitän spricht

■ Heiner Müller über die Wiedervereinigung

Paris (afp) — Der neugewählte Präsident der Akademie der Künste in Berlin, Heiner Müller, hat sich in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit der französischen Zeitung 'Le Figaro‘ verbittert über die Auswirkungen der deutschen Vereinigung auf kulturellem Gebiet geäußert. In seiner neuen Funktion sieht er sich als „Kapitän eines sinkenden Schiffs“, dessen Aufgabe es sei, den Zeitpunkt des Untergangs aufzuschieben. Der Schriftsteller und Dramaturg gibt dem Übergang von der DDR-Kultur zur deutschen Kultur einen negativen Gehalt. Jede neue Zivilisation versuche, die alte auszulöschen. Das gelte derzeit für die DDR, wo es so aussehe, als solle alles vernichtet werden, was dort geschaffen worden sei. Darin sieht er ein typisches Beispiel der Verwechslung von Kultur und Politik. In der Literatur werden nach Heiner Müllers pessimistischen Voraussagen von den rund 400 Mitgliedern des DDR-Schriftstellerverbands fortan höchstens noch zehn von ihrer Arbeit leben können.

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