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Der Kanalarbeiter

■ Tele-Tips aus der Provinz

Kopfüber in die Kanäle gehupft wie gesprungen, erweist sich das Programm dieses Wochenendes als ziemlich geschichtsträchtig. Die Skala reicht von Operettenhistorie a la Kaiserwalzer, den die ARD am Samstag um 11.03 Uhr vortanzen läßt, bis hin zu ernsthaften Dokumentationen wie Vergessen und Verdrängt: Der Krieg in Skandinavien um 23 Uhr auf West 3.

Das ZDF widmet sich wieder einmal ausführlich unseren Nachbarn, zunächst um 11.03 Uhr mit Nachbarn in Europa und nach der Hitparade um 13.50 Uhr noch einmal mit Unsere Nachbarn: Die Holländer. In der zweiten Folge dieser Reihe geht es um Kleinkunst, Klischees und Kaasköpfe. Mit den kleinen Künsten haben es die Niederländer, wie schon ein Blick in ihr Fernsehprogramm zeigt, wo am Sonntag beispielsweise um 20.35 Uhr die Theatershow Freek de Jonges verzeichnet ist. Kinofans kennen den Schauspieler aus Jos Stellings hintergründigem Film Der Illusionist.

1963 versuchte sich der spätere St.-Pauli-Chronist Jürgen Roland an einem deutschen Western. Die Flußpiraten des Mississippi entstand nach einem Roman des Reiseschriftstellers Friedrich Gerstäcker, der lange vor Karl May den Wilden Westen zum Schauplatz seiner Romane machte. Hansjörg Felmy, Horst Frank und Brad Harris tragen die Hüte mit den breiten Krempen, Sabine Sinjen und Dorothy Parker sind die Frauen an ihrer Seite. Am Samstag um 20.45 Uhr pfeifen auf dem Zweiten Kanal die Kugeln ihre bleihaltigen Lieder...

Liza-Minelli-Fans, so die dralle Darstellerin denn welche haben sollte, kommen an diesem Samstag abend voll auf ihre Kosten, bewegt sich doch die Ex-Cabaretistin neben Ingrid Bergman und der schauspielerischen Nullösung Isabella Rossilini um 20.15 Uhr auf RTL plus als Nina durch den gleichnamigen Film, der rechtzeitig endet, um aufs Erste und Rent-A-Cop umzuknipsen.

Anfang der Siebziger kamen clevere Filmproduzenten auf die Idee, bekannte Stoffe des klassischen Horrorfilms mit schwarzen Darstellern neu zu verfilmen. Das Ergebnis waren Unsäglichkeiten wie Scream, Blacula, Scream (1972), Blackenstein (1973) aus Roger Cormans AIP-Fabrik und Dr. Black und Mr. Hyde (1976), den Tele 5 am Samstag abend um 22.20 Uhr zeigt. Natürlich handelt es sich dabei um die Camp-Variante des Dr. Jekyll/ Mr. Hyde-Themas. Der gute Dr. Black verwandelt sich nach Feierabend in einem Zombie mit übermenschlichen Kräften, der das Ghetto mal richtig aufräumt, aber schließlich auf Simon Rodias Watts Towers gestellt und zur Strecke gebracht wird. Weil Trash-Filme sowieso das Allerschönste sind, wirft auch RTL plus am Sonntag um 14.30 Uhr noch einen aus dem Filmlager, und zwar Orion 3000 - Raumfahrt des Grauens. Dieses italienische Machwerk hat natürlich mit der kultisch verehrten deutschen TV-Serie überhaupt nichts zu tun, wenn auch die mit Haushaltshandschuhen ausgerüsteten, durchs All irrenden männlichen Flugkörper kaum minder vergnüglich agieren.

Harald Keller

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