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Der Herr positioniert den Knecht

■ Mit seinem klaren Votum für Joseph Blatter als Nachfolger hat Fifa-Präsident Havelange den Uefa-Kandidaten Johansson geschwächt

Berlin (taz) – Ist es Kalkül? Oder bloß ein Alleingang von Jelzinschen Dimensionen? Sicher ist: Mit seinem Sätzchen „Herr Blatter wäre ein hervorragender Präsident für die Fifa“ hat Joao Havelange (81) sieben Monate vor seinem Abgang Bewegung in ein scheinbares one horse race gebracht.

Der brasilianische Alleinherrscher war in Marseille vor der gestrigen WM-Auslosung fleißig dabei, seine Dinge zu regeln. Im Exekutivkomitee hat er sich die bereits ausgehandelten Grundverträge mit Leo Kirch für die WM 2002 und 2006 bestätigen lassen. Die Marketingverträge mit Havelanges Wunschpartner Sporis/ISL sind auch abgeschlossen – obwohl es angeblich ein besseres Angebot gab (von IMG). Am Mittwoch haben Havelange und sein Blatter noch die Gründung einer AG angekündigt, deren Job es sein wird, die Vermarktungsrechte in die Hände von ISL zu legen.

„Mein Nachfolger bekommt vier Milliarden Vorschuß“, sagt Havelange. Alles, was er wollte, hat er durchgedrückt – und auch die Europäer konnten ihn nicht hindern. Uefa-Präsident Lennart Johanssons „Fragenkatalog“ zum Deal mit Kirch und dem Aufgabenbereich der dafür zuständigen Finanzkommission hat den Chef höchstens gestupft – und verärgert.

Will er sein „Lebenswerk“ nach 23 Jahren in feindliche Hände geben? Oder ist es nicht besser, den Knecht zu befördern? „Fifa-Präsident zu sein ist etwas ganz anderes, als den Vorsitz in einer Konföderation zu haben“, hat er über Johansson gesagt, der zuvor allein zu sein schien, was die Nachfolge betraf. Der Schweizer Joseph Blatter (61) hat eine Kandidatur bisher stets ausgeschlossen. Zumindest: „Nicht 1998.“ Havelange aber sagt: „Er wäre ein großer Präsident. Er ist ein Sprachgenie, ein Diplomat und ein Mathematiker.“ Letzteres vor allem. Er kann sich ausrechnen: Gegen die Uefa zu kandidieren – das könnte ungut enden.

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