Der Fortsetzungsroman: Kapitel 3: Plan C
Was bisher geschah: Die Expedition vom Planeten Blip ist auf R-D gelandet und hat eine Kastanie zerstört. Nun stellt sich die Frage: Was soll das Expeditionscorps tun?
FP Chi hielt den Atem an. Quer über die Wiese kam jemand direkt auf sie zu. „Grü-Etzi, freundlicher Helot“, rief sie. „Äxcüsé vielmals, abr wir sind hier fremd.“ Chi machte ein paar Schritte, und ihr Gehstock aus dunklem Holz grub sich in die weiche Wiese.
„Schnauzedufoze“, murmelte der freundliche Helot. Er schenkte dem Raumschiff keine Beachtung, stellte sich breitbeinig vor die beschädigte Kastanie und nestelte an seiner Hose herum. Dann hörte Chi es plätschern.
„Er uriniert“, ließ sich Professor Phäno von der Tür des Raumschiffs vernehmen.
„Das Fassungsvermögen der Harnblase liegt bei ausgewachsenen Heloten bei bis zu 1.500 Millilitern“, ergänzte Professor Median.
„In das Schweiz heißt es statt urinieren auch brunzen“, sagte C2H5OH. „Sagen Sie jetzt nichts Falsches, FP Chi.“ Zwischen den Beinen des Ersten Maats lugt der Kopf von Major Canis hervor.
Chi tat einen Schritt zurück Richtung Raumschiff. Es knackte. Chi hob ihren Stock, an dem ein flacher Pappkarton steckte: Pizza La Pausa, Torstraße, entzifferte Chi im fahlen Licht, das aus allen Richtungen herangesickert war. Die Sonnenbrille war ein Wunderwerk. Chi warf den Karton beiseite und schrie: „Das Schweiz, das Schweiz. Dass ich nicht lache, Erster Maat. Schauen Sie sich das an.“ Die Wiese war übersät mit leeren Flaschen und Papier. Berge von Unrat häuften sich auf dem Weg, eine Plastiktüte wehte vorbei. „Wir ziehen uns zurück.“ Gemeinsam wuchteten sie Major Canis das Raumschiff auf den Rücken und gingen über die Wiese auf eine Häuserreihe zu. „Öffnen Sie die Tür im Gartenzaun“, sagte Chi zu C2H5OH. „Gartehaag, jahwoll“, murmelte der Erste Maat. Sie schlichen an abgeernteten Gemüsebeeten und einem Komposthaufen vorbei. „Und jetzt in den Keller“, zischte Chi.
„In den Käller, cheibä gärn.“
Sie inspizierten ihre neue Bleibe. Entfernt von der Treppe, die zum Garten führte, lagen die Räume an einer Straße. Es leuchtete hell durch die Oberlichter und über ihnen liefen hastige Heloten vorbei. In einem der Fenster klebte ein Schild:
Vor dem Fenster bimmelte es. „Schaut nur, das Tramli“, sagte C2H5OH. „Zweifellos das Schweiz.“
„Jetzt reicht’s, Erster Maat. Alle ins Raumschiff“, sagte Chi. Die Expedition vom Planeten Blip aus der Strobosolisgalaxie versammelte sich im Kommandoraum. „Ein für alle Mal, das hier ist nicht das Schweiz! Es ist schmutzig, und die Heloten sprechen anders, als der Mnemolator uns beigebracht hat.“
„Aber die roten Fähnchen mit dem weißen Kreuz!“, sagte C2H5OH.
„Wir stimmen jetzt ab“, sagte Chi. „Alle, die dafür sind, dass das hier nicht das Schweiz ist, heben die Hand.“ Drei Hände und ein Hundeschwänzchen hoben sich. „Ich stimme Ihnen voll umfänglich zu, FP Chi“, ließ sich BBC, der Blasierte Bordcomputer, vernehmen.
„Aber wenn das nicht das Schweiz ist, was wird dann aus unserer Legende? Was wird aus unserem Plan, ein Fonduestübchen zu eröffnen? Was wollen wir hier überhaupt?“, fragte der Erste Maat.
Chi räusperte sich: „BBC, Vorschläge?“
„Auf dem Bildschirm vor Ihnen“, sagte der Blasierte Bordcomputer.
„Sehr gut“, sagte Chi. „Wie wäre es denn zum Beispiel mit einer Aalräucherei?“ Sie klickte auf den Bildschirm und las vor: „Um Niere und Blutsack beim Aal zu entfernen, schneidet man vom Waidloch 1–2 cm in Richtung Schwanzende. Anschließend führt man das Messer unter die Niere, hebt sie an und zieht vorsichtig. Dabei kommt auch der Blutfaden zum Vorschein.“
„Ich würde sagen, Aalräucherei fällt flach“, sagte Professor Phäno.
„Kein Problem, nehmen wir einfach ein Bordell.“ Diesmal las Chi leise. „Das machen wir auch nicht“, sagte sie schließlich. „Als Nächstes in der Liste kommt Copyshop. Ein Copyshop ist ein Dienstleister, der die Vervielfältigung von Dokumenten durch Fotokopien gegen Entgelt anbietet. An den Fotokopierern können sich die Kunden meist selbst bedienen.“
„Das klingt unblutig. Ist Kunde ein anderes Wort für Helot?“, fragte Professor Phäno.
„Aber wo bekommen wir die Kopierer her?“, ergänzte Professor Median. „Und was ist ein Entgelt?“
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