Das Portrait: Der Falcone-Mörder
■ Giovanni Brusca
An Superlativen für den eben bei Agrigent festgenommenen 36jährigen Obermafioso Giovanni Brusca hat es nie gefehlt: Eingetreten in die Cosa Nostra angeblich schon mit 17, schon zwei Jahre später bewährtes Mitglied von Killerkommandos, danach Aufstieg innerhalb der Mafia-Hierarchie zunächst zum „Capodecina“, einer Art Hauptmann, dann zum Distriktchef „Capomandamento“, mit Sitz und Stimme im obersten Mafia-Leitorgan „Cupola“.
Für die organisierte er dann die Ermordung des supergeschützten berühmtesten Mafia-Jägers Giovanni Falcone; ein Unternehmen, an dem nicht weniger als drei Dutzend Männer beteiligt waren. Und dann war er es auch persönlich, der den Auslöseknopf drückte, als Falcone an jenem 18. Mai 1992 mit seiner Frau und seinen vier Eskortebeamten an der Autobahnkurve von Capace kurz vor Palermo vorbeifuhr. Nur ein Polizist überlebte, in der Straße klaffte ein Loch von zehn Metern Durchmesser und fünf Meter Tiefe. Brusca hatte mehrere hundert Kilo Dynamit in eine Regenröhre unter die Autobahn gepackt. Von da an war er unbestritten einer der stärksten Männer der Cosa Nostra. Als ein halbes Jahr später der Chef der „Cupola“, Salvatore Riina, verhaftet wurde, trat Brusca an seine Stelle, obwohl Riina lieber den wesentlich älteren Leoluca Bagarella, seinen Schwager, auf dieser Stelle gesehen hätte.
Doch Giovanni steht auch für den Verfall der Mafia. Anders als seine zugeknöpften Vorgänger, die vor jede Aktion ein ausgeklügeltes System von Drohungen, Einschüchterungen und mitunter gar Verhandlungen gesetzt hatten, griff er stets sofort zu spektakulären und möglichst grausamen Taten – und zerstörte so auch noch den Rest des populistischen Nimbus, mit dem sich die „Ehrenwerte Gesellschaft“ noch immer umgeben möchte.
So entführte Brusca den Sohn eines seiner Kumpane, weil er diesen im Verdacht hatte, aussteigen zu wollen. Er hielt den Zwölfjährigen mehr als ein halbes Jahr in einem unterirdischen Verlies gefangen, filmte ihn dann, als dieser zum Skelett abgemagert war und sandte die Kassette an die Eltern. Danach tötete er den Jungen und löste die Leiche in Säure auf. Tatsächlich packte der Vater erst dann aus – und da auch er dem Falcone-Ermordungskommando angehörte, wird er Brusca nun das endgültige Lebenslänglich einbrocken. Werner Raith
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen