: Der Charme der Genossenschaft
■ Nun ist es amtlich: Hafenstraße wird verkauft / Bewohner dürfen mitmachen und wohnenbleiben / Letzte Entscheidung im Herbst Von Heike Haarhoff
In gewohnt vorsichtiger Manier hat Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD) gestern das wohl ultimative Privatisierungs-Konzept für die Hafenstraße öffentlich vorgestellt. Das Angebot, das dem Senator – wer hätte es gedacht – „geeignet scheint, den Hafenstraßen-Konflikt zu lösen“, sieht vor, die Häuser noch in diesem Herbst an eine Genossenschaft zu verkaufen.
Dazu wird eine Eigentümergemeinschaft von 30 Personen gegründet. Mitglieder: Rechtsanwalt Hans-Jochen Waitz, Wohnungswirtschaftler Uwe Blöcker sowie weitere Personen „aus einem breiten gesellschaftlichen Spektrum Hamburger Bürgerinnen und Bürger.“ Wer das ist, „verrate ich nicht“, blieb der Senator geheimnisvoll.
Soviel ist sicher: Das Duo Müller und Butterfas, die Mirow ebenfalls ein Konzept für die Zukunft am Hafenrand vorgelegt hatten, gehören nicht zum Club. Dafür aber Mitglieder der Genossenschaft St. Pauli Hafenstraße. Sie sollen bis zu einem Drittel der GenossenschaftlerInnen ausmachen. Damit ist das Verkaufs-Modell, das die taz hamburg bereits vor zwei Wochen voraussagte, nunmehr offiziell.
Die Form der Genossenschaft sei bewußt gewählt, „um jeden Verdacht der Immobilien-Spekulation zu vermeiden“, erklärte Mirow. Sie wird zunächst nur die Hafenstraßen-Häuser erwerben. Die beiden Freiflächen bleiben im Besitz der Stadt, allerdings sei beabsichtigt, sie „in einem noch zu verhandelnden Zeitraum“ auch zu verkaufen.
Unklar ist der Verkaufspreis. „Im Gespräch sind 2,4 Millionen für die Häuser. Zusammen mit den Grundstücken könnten es vier Millionen sein“, sagte Wolfgang Dirksen, Geschäftsführer der derzeitigen Besitzerin, der städtischen Hafenrand GmbH. Der endgültige Preis hänge von den Sanierungskosten ab, die ein Sachverständigen-Duo der Fachhochschule bis Ende Juli errechnen will.
Die Genossenschaft soll den Kaufpreis in drei Teilbeträgen zahlen. „Denkbar wäre zu Beginn, während und nach Abschluß der Sanierung“, sagte Mirow. Als Sanierungsträgerin sind Stattbau oder Lawaetz-Stiftung im Gespräch. Die BewohnerInnen sollen sich an den Bauarbeiten „maßgeblich beteiligen.“ Vermietet werden die Wohnungen an einen Bewohnerverein, der noch zu gründen sei und bestehende Mietverhältnisse übernehme.
„Der Konflikt um die Hafenstraße hat Hamburg über ein Jahrzehnt politisch schwer belastet“, seufzte der Senator gestern, „alle Vernunft spricht dafür, diese Last von der Stadt zu nehmen“. Der Senat wird dazu nach der Sommerpause Gelegenheit haben. Bis dahin will Mirow den Vertrag „durchformuliert“ haben. Lob erntete Mirow schon gestern vom SPD-Landesvorsitzenden Jörg Kuhbier: „Wie es scheint, wird der Mut der Entscheidung der Bürgerschaft vom 15. Februar belohnt.“
Mitglieder der Hafenstraßen-Genossenschaft zeigten sich optimistisch, daß es zum Vertragsabschluß kommt. In den nächsten Tagen werden sie über das Konzept beschließen. „Begrüßenswert“ findet auch Wolfgang Dirksen das Modell. „Die Genossenschaft hat Charme, weil sie keine kapitalistische Lösung ist.“ Allerdings könne sie nicht subventionieren, und unklar sei auch, wie die Genossenschaft den Kaufpreis aufbringen wolle: „Die Zinslast könnte die Mieten beeinflussen.“
Doch das sind Spekulationen. Abzuwarten bleiben das Gutachten – und die offizielle Zustimmung von BewohnerInnen und Senat.
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