Der Bundespräsident und die Kreditaffäre: Union baut eine Burg Bellevue
Die CDU-Spitzen erklären die Kreditaffäre von Christian Wulff für beendet. Und der Präsident? Hält eine Weihnachtsansprache, in der er die Affäre nicht erwähnt.
BERLIN taz | Noch Anfang der Woche herrschte eisiges Schweigen in der Union angesichts der Kreditaffäre des Bundespräsidenten. Kaum ein führender Christdemokrat wollte Christian Wulff verteidigen, nur die, die qua Amt mussten, äußerten sich – etwa Generalsekretär Hermann Gröhe. Doch nach der Entschuldigung Wulffs meldeten sich am Freitag gleich mehrere Spitzenleute zu Wort. Mit immergleichem Tenor: Jetzt muss aber Schluss sein.
Finanzminister Wolfgang Schäuble verlangte beispielsweise mehr Zurückhaltung. Die heftige Debatte sei eine Belastung für das Amt des Bundespräsidenten, sagte er der Bild am Sonntag.
"Wir haben ein hohes Interesse daran, dass das Amt unbeschädigt bleibt." Seine Kabinettskollegin Annette Schavan forderte in der Welt am Sonntag ein Ende der Debatte.
Wulff habe "Informationen gegeben und sich entschuldigt", sagte die Bildungsministerin. "Jetzt sollten wir zu dem zurückkehren, was wirklich wichtig ist." Der Fraktionsgeschäftsführer der Union, Peter Altmaier, betonte, Wulff habe mit seiner Aussage einen Schritt auf seine Kritiker und die BürgerInnen zugemacht.
"Wenn kein neuer Vorwurf kommt, ist Wulff durch"
Über die Weihnachtsfeiertage, so die Hoffnung der Parteistrategen, wird die aufgeregte Debatte einschlafen, weil sich Journalisten und Opposition lieber der Familie widmen als der Präsidentenjagd. Und im Januar, wenn der Landtag in Niedersachsen mit der mühseligen Aufklärung der Details beginnt, wird in den Medien längst eine neue Sau durchs Dorf getrieben.
"Wenn jetzt kein substanziell neuer Vorwurf mehr kommt, ist Wulff durch", sagt ein CDU-Mann. Während neue Details zu seiner Amtszeit als Regierungschef Niedersachsens öffentlich wurden, versuchte Wulff im Schloss Bellevue Normalität zu suggerieren.
Wie in jedem Jahr schickte das Präsidialamt den Text seiner aufgezeichneten Weihnachtsrede herum, die heute im Fernsehen ausgestrahlt wird. Darin betont er etwa den Wert Europas. Außerdem äußert er seine Abscheu über die rechtsextremen Terrormorde und fordert die BürgerInnen zu stärkerem Zusammenhalt auf. "In unserem Land gibt es keinen Platz für Fremdenhass, Gewalt und politischen Extremismus." Seine Affäre erwähnt Wulff in der Rede mit keinem Wort.
Die Opposition verlangte nach Wulffs Erklärung weitere Aufklärung. SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil sagte in der ARD: "Nach dem Motto ,Schwamm drüber' geht es jetzt nicht." Zwar sei zu begrüßen, dass sich Wulff endlich selbst geäußert habe. Aber: "Es ersetzt keine Aufklärung in der Sache." Damit der Präsident sein Amt unbefangen ausüben könne, müssten alle rechtlichen Zweifel und offenen Fragen ausgeräumt werden. Ähnlich äußerten sich die Grünen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei