Der Blick aufs eigene Bild ist wichtig

Inhaltliche Qualifikation nutzt erst dann etwas, wenn sie auch transportiert werden kann. Deshalb sind laut Medientrainerin Carla Schulte-Reckert kommunikative Fähigkeiten unerlässlich – im Studium, bei der Bewerbung und im Berufsleben

Teamarbeit heißt Kommunikation mit anderen, um ein Problem zu lösen

Interview VOLKER ENGELS

Carla Schulte-Reckert ist Referentin und Medientrainerin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. Im Gespräch mit der taz erläutert sie, warum neben fachlicher Kompetenz auch kommunikative Fähigkeiten immer wichtiger werden.

taz: Im Studium, bei der Bewerbung und später im Beruf: Sicheres Auftreten und rhetorisches Geschick scheinen immer wichtiger zu werden. Woran liegt das eigentlich?

Carla Schulte-Reckert: Man hat erkannt, dass nicht alleine die fachliche Qualifikation im Mittelpunkt steht, sondern zunehmend die Fähigkeit, im Team mit anderen zusammenzuarbeiten. Teamarbeit heißt immer: Kommunikation mit anderen Menschen, um gemeinsam ein Problem zu lösen.

Die Kritik an Kommunikations- und Rhetoriktrainings geht in die Richtung, dass es mehr auf den Schein als das Sein ankommt und Inhalte in den Hintergrund rücken.

Wenn Sie zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen sind, ist Ihre fachliche Qualifikation bereits durch die Papierlage geprüft. Es ist klar, dass man eine hohe fachliche Qualifikation haben muss. Hinzu kommt aber die Fähigkeit, mit dem Gegenüber zu kommunizieren und sympathisch aufzutreten. Um bei Ihrem Bild zu bleiben: Faktenwissen ist durch nichts zu ersetzen, muss aber auch so transportiert werden, dass es beim Gesprächspartner ankommt.

Wie sollte man sich auf öffentliche Präsentationen, etwa auf ein Bewerbungsgespräch, vorbereiten?

Erstens sollten Sie sich umfassend und genau über das Unternehmen informieren. Also: Wie sieht das Profil aus und was macht das Unternehmen genau. Dabei sollte man sich Fragen überlegen, die man in einem Bewerbungsgespräch dann an die Gesprächspartner richtet. Sie zeigen damit, dass Sie interessiert und offen sind. Gute Recherche im Vorfeld ist wichtig.

Zweitens sollten Sie auch beim äußerlichen Erscheinungsbild nichts dem Zufall überlassen. Über das Internet können Sie heute auf den Homepages sehen, wie sich die Mitarbeiter des Unternehmens präsentieren. Daraus lässt sich ableiten, welche Vorstellungen ein Unternehmen über die öffentliche Präsentation seiner Mitarbeiter hat. Sie sehen, ob eher Schlips und Kragen oder legeres Auftreten gefragt sind.

Drittens sollten Sie sich ein gutes Zeitpolster schaffen, um nicht abgehetzt bei Ihrem Wunscharbeitgeber anzukommen. Wenn ein kleines Parkplatzproblem den Schweiß auf die Stirn treibt, führt das schnell zu Nervosität, die man vermeiden kann.

Welche Möglichkeiten gibt es, mit Nervosität umzugehen?

Nervosität ist etwas Selbstverständliches. Ein etwas erhöhter Adrenalinspiegel verbessert häufig sogar das Auftreten. Nervosität ist durchaus menschlich und wird vom Gegenüber auch als solches bewertet. Entscheidend ist aber, dass die Nervosität nicht beherrschend wird. Da ist eine wirklich gute und vor allem rechtzeitige Vorbereitung wichtig. Mit der sollten Sie schon beginnen, wenn der Termin für das Vorstellungsgespräch steht. Ein Fehler ist es, die Vorbereitung immer wieder vor sich herzuschieben. Wer sich erst im letzten Moment vorbereitet, wird zwangsläufig nervös. Am Tag des Gesprächs verzichten Sie möglichst auf Kaffee und Zigaretten. Außerdem sollten Sie ausgeruht und ohne Hektik zum Gespräch erscheinen. Manchen hilft es, einen kleinen Glücksbringer in der Tasche zu tragen. Das vermittelt Ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Vertrautheit.

Lässt sich der Umgang mit Nervosität und Lampenfieber auch trainieren?

Sicher. Es ist gut, sich in entsprechende Trainings zu stellen. Es gibt Grundlagentrainings in Rhetorik oder Seminare, die sich speziell mit Präsentationen in Bewerbungssituationen oder Produktpräsentationen beschäftigen. Ein Training ist die einzige Möglichkeit, sich in einem Schonraum selbst zu erfahren und auszuprobieren. Ihre Selbstwahrnehmung wird durch Fremdwahrnehmung der Trainer und anderer Seminarteilnehmer erweitert. Von großer Bedeutung ist, dass ich mein Auftreten durch die Aufzeichnungen mit der Videokamera selber sehen kann. Der Blick aufs eigene Bild ist immens wichtig.

Solche Trainings kosten aber häufig viel Geld.

Das teuerste Training ist nicht immer das beste Training. Ich halte viel von den Angeboten, die die Volkshochschulen machen. Auch Stiftungen bieten Seminare für bestimmte Zielgruppen an. Natürlich können Sie sich auch an private Anbieter wenden. Das macht vor allem Sinn, wenn Sie in einer sehr speziellen Situation sind. Etwa dann, wenn ein Unternehmen ein Training haben will, um in einer Krisensituationen richtig zu reagieren. Das wird natürlich teuer.