Der Berliner Wochenkommentar II: Unbedingt für eine bessere Welt
Zum Ende des Jahres mehren sich die frommen Wünsche. Und Schluss mit dem Böllern wenigstens in der Innenstadt wird auch gefordert.
Jedes Jahr zwischen Weihnachten und Silvester werden Politiker und andere Funktions- und Würdenträger gern mal grundsätzlich: Da warnt ein Wirtschaftsforscher, dass die soziale Spaltung in Deutschland immer schlimmer werde, und fordert, man müsse auch die Flüchtlinge irgendwie besser integrieren. Eine Linken-Politikerin warnt vor zunehmender Altersarmut. Ein Exregierungssprecher findet, die Bundeskanzlerin kümmere sich nicht genug um die Ostdeutschen. Und der innenpolitische Sprecher der Berliner Linksfraktion, Hakan Taş, war dieses Jahr derjenige, der pünktlich zum Verkaufsstart für Raketen und sonstige Knallkörper am Donnerstag ein Böllerverbot in der Berliner Innenstadt forderte.
Diese frommen Wünsche nach mehr Gerechtigkeit und Frieden für alle in der Berliner Silvesternacht passen natürlich zum einen gut zu der bräsigen, satten Stimmung, in der alle noch damit beschäftigt sind, das Weihnachtsfest zu verdauen: Sie bleiben so angenehm folgenlos. Man muss bloß nicken, ohne vom Sofa aufzustehen.
Denn wer weiß schon, wie das gehen soll: weniger Armut, mehr Gerechtigkeit und keine Silvesterknaller in Neukölln?
Zum anderen ist die nachrichtenarme Zeit auch eine erstklassige Möglichkeit für Publicity in eigener Sache. Allen, denen es weniger um eine Sachfrage an sich als vielmehr um Aufmerksamkeit in eigener Sache geht, sollten zwischen Weihnachten und Neujahr zusehen, dass sie irgendwo vors Mikro kommen.
Zum Beispiel Innenpolitiker Taş: Alle Jahre wieder wird die Diskussion über ein Böllerverbot geführt, alle Jahre wieder verpufft sie folgenlos – weil man diese Debatte, wenn es einem denn Ernst wäre mit einem Böllerverbot, deutlich früher im Jahr führen müsste als zwei Tage vor Silvester.
Aber vielleicht wäre das ja mal ein erster guter Vorsatz fürs neue Jahr: weniger wünschen, mehr machen.
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