piwik no script img

„Der BFC lebt“ dank Hertha-Mitglied

Wenn sich der FC Berlin wieder in BFC Dynamo rückbenennt, kann Namenspatent-Inhaber Pepe Mager vom großen Geschäft träumen. Eigentlich handelt der 59jährige Duzfreund von Ex-Bundestrainer Berti Vogts nur zu Aufbesserung seiner Invalidenrente mit Fußball-Fanartikeln  ■ Von Gunnar Leue

Über der Eingangstür des „Intershop“ in Friedrichshain hängt eine „Eisern Union“-Fahne schlaff in der Windstille. Im Laden ist von Flaute dagegen nichts zu spüren. Einige Jungs stöbern zwischen den Sachen und werden dabei sofort mit kumpelhaften Sprüchen vom Mann hinter der Kasse begleitet. Peter Mager, genannt Pepe, ist nicht nur Verkäufer, sondern vor allem ein Fußballfreak, und das, was man sich wohl unter einem echten Berliner Original vorstellt.

Der 59jährige, der kurz vor dem Mauerbau von Ost- nach West-Berlin kam und heute in Tiergarten lebt, verkauft zur Aufbesserung seiner 764 Mark Invalidenrente Fußball-Fanartikel. Auch bei jedem Hertha-Spiel ist er mit einem mobilen Stand vorm Olympiastadion präsent. Hertha- Utensilien laufen gut zur Zeit, doch daß Pepe jetzt vom großen Geschäft träumt, liegt an einem anderen Verein.

Der Mann besitzt seit einigen Jahren die Namensrechte am zehnmaligen DDR-Fußballmeister BFC Dynamo und verkauft Schals, Trikots und Tassen mit dem Logo des einst unter Stasi-Kuratel befindlichen Clubs. Beim Vereinsregister Charlottenburg hatte sich Pepe 1991 nach allen gelöschten Namen von Ostvereinen erkundigt und beim BFC, der seit 1990 FC Berlin heißt, sofort zugegriffen. Zwar ist es eigenartig, daß der Regionalligist jetzt plötzlich wieder seinen alten Namen annehmen will, wo er doch stets über die Imageschädigung durch die weiterhin die Dynamo-Vergangenheit verherrlichenden Hools jammerte. Aber das kann Pepe erst mal egal sein.

Denn während alle Welt noch sinniert, ob die Idee zum Vorwärts in die Vergangenheit nicht nur ein PR-Gag der Vereinsführung des Ost-Clubs ist, hat sich in seinem Laden schon mal der Marketingleiter des FC Berlin vorgestellt und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit erkundet.

„Klar bin ick bereit, wenn sie für beide Seiten funktioniert und ihr mich nicht ausbooten wollt“, meinte Pepe, der es wohl noch gar nicht richtig fassen kann, daß ihm seine „anscheinend richtige Spürnase“ demnächst vielleicht viel einbringen kann. Sollte es zu dem Deal kommen, müßten auf jeden Fall natürlich die wilden Händler verschwinden, „schließlich hab' ick beim Patentamt ein paar hundert Mark für die Markeneintragung bezahlt“.

Seither findet er Abnehmer für seine BFC-Artikel nicht nur unter den härtesten FC-Berlin-Fans, mit denen gemeinsam er Schalslogans kreierte wie „BFC lebt – Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“. Da der BFC Dynamo mit seinen 60 Europacup-Spielen zu DDR-Zeiten vielen Kennern auch heute noch ein Begriff ist, wurde die Fanware des abgewickelten Clubs selbst nach London, Japan und Neuseeland geliefert. Viele Bestellungen kamen zudem aus Bayern, wo sich allerdings auch erbitterter Widerstand gegen die Ostalgieprodukte regte.

„Eine Firma sollte für mich einen Schal herstellen mit dem DDR-Enblem und dem Spruch ,Wir sind die Besten – im Osten und im Westen. Wir sind die Fans vom BFC –gefürchtet und gehaßt‘. Doch die haben sich geweigert, etwas mit ,dem Symbol eines Unrechtsstaates‘ zu produzieren“, erzählt Kleinunternehmer Pepe. Er sei dann halt „einfach zur nächsten Firma gegangen“.

Ideologische Verbissenheit ist dem Duzkumpel von Berti Vogts – jedes Jahr schickt er ihm eine Weihnachtskarte – ohnehin fremd. Einmal hat er ausgerechnet vor einem Spiel des FC Berlin beim Erzrivalen Union, der dem einstigen Lieblingsclub von Stasi-Chef Mielke in tiefem Haß verbunden ist, seinen BFC-Krempel verkauft. Damals kannte Peter „Pepe“ Mager „die Zusammenhänge noch nicht so genau“ – die erzürnten Union-Fans machten sie ihm sofort klar und demolierten seinen Verkaufswagen.

Dabei hat der von vielen Ostlern als „BFC-Schwein“ Verachtete schon vor der Wende auch seine Liebe zu Union gezeigt. Als eiserner Hertha-Fan war er traditionsgemäß auch den Wuhlheidern innig verbunden, produzierte 1987 gar eine Single mit Fanliedern für die beiden Clubs, wozu er beim VEB Deutsche Schallplatte extra die Songrechte am Union-Vereinslied „Samstag in der Alten Försterei“ für nur achthundert Mark erworben hatte. Außerdem verschickte er „Freunde hinter Stacheldraht“-Aufnäher an die Union-Fans in Ost-Berlin, was ihm später ein Einreiseverbot in die DDR bescherte.

Zuvor hatte die Staatssicherheit aber noch (vergeblich) versucht, über ihn an die Adressen seiner Ost-Kumpels zu gelangen. Während eines Fußballturniers luden ihn damals ein paar Herren in die Kneipe ein, um sich von ihm den Aufbau eines Fanclubs erklären lassen zu wollen.

Heute ist Pepe zugleich Mitglied bei Hertha, die er 1995 mit seiner Präsidentschaftskandidatur schockte, sowie bei Union, für die er schon zehntausend Mark Spenden sammelte. Und selbst mit der von ihm verabscheuten Tennis Borussia ist er in gewisser Hinsicht verbandelt. Die schuldet ihm nämlich noch 500 Mark für TeBe-Fahnen, die er dem Verein zum Religationsspiel um den Auftsieg in die zweite Bundesliga gegen Hannover 96 besorgt hatte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen