■ Der Anschlag im nordirischen Omagh soll Sinn Féin treffen: Barbarischer Akt
Die „Real IRA“ (RIRA) hat mit dem Anschlag im nordirischen Omagh ein weiteres Mal ihren politischen Bankrott erklärt. Seit ihrer Abspaltung von der IRA Ende vorigen Jahres verfügt sie über keine andere Strategie außer der Bombardierung nordirischer Städte. Und sie hat – anders als die IRA in der 30jährigen Konfliktgeschichte – keine Unterstützung in der Bevölkerung. Die RIRA ist nichts weiter als ein Haufen Terroristen.
Die von der RIRA gezündete Bombe zielte neben den Opfern vor allem auch auf Sinn Féin, den politischen Flügel der IRA. Denn im Zuge des nordirischen Friedensprozesses hat Sinn Féin eine Reihe republikanischer Prinzipien aufgegeben, was mit der Grund für die Abspaltung der RIRA gewesen ist. Natürlich kann man Sinn Féin kritisieren, man kann ihre Taktik politisch bekämpfen, aber es ist grenzenlos naiv zu glauben, daß man die ehemaligen Genossen durch einen solch barbarischen Akt des Terrorismus auf den Pfad der reinen Lehre zurückbomben könnte. Das Gegenteil ist der Fall. Der Druck auf Sinn Féin und IRA wird nun wachsen, durch Herausgabe der Waffen und weitere Zugeständnisse ein Signal zu setzen.
Der Bombenanschlag, und das ist nicht zynisch gemeint, macht die Sache für Sinn Féin aber auch ein wenig einfacher. Für die Parteiführung um den Präsidenten Gerry Adams war der Friedensprozeß von Anfang an ein Balanceakt. Es ging darum, den eigenen Leuten das Verhandlungsergebnis und die darin enthaltenen, zum Teil erheblichen Zugeständnisse an die gegnerische Seite als Erfolg zu verkaufen, um alle an Bord zu behalten. Das ist nur zum Teil gelungen, wie die Existenz der RIRA beweist.
Nach dem Anschlag von Omagh dürfte es Adams leichter fallen, öffentlich zu erklären, was man der britischen Regierung zu Beginn des Friedensprozesses heimlich übermittelt hat: Der Krieg ist für die IRA vorbei, man müsse einen Weg finden, ihn auch zu beenden.
Es wäre fatal, wenn die verschiedenen Interessengruppen nun aus dem Anschlag politisches Kapital schlagen wollten. Tatsächlich werden schon wieder Rufe nach Ausschluß von Sinn Féin aus dem nordirischen Regionalparlament laut. Andere fordern Internierungen ohne Gerichtsurteile, wie es sie Anfang der siebziger Jahre schon einmal gegeben hatte. Damals hat die Zwangsmaßnahme der IRA erheblichen Zulauf beschert, diesmal würde die RIRA davon profitieren. Auch das war wohl ein Kalkül hinter dem terroristischen Anschlag von Omagh. Ralf Sotscheck
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