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■ Der ABM-Vertrag wird nicht „verändert“, sondern aufgeweichtWas lange währt, wird endlich schlecht

20 Jahre versuchte Washington Moskau vergeblich einzureden, die 1979 mit dem „Sternenkriegs-Programm“ des späteren Präsidenten Ronald Reagan begründeten diversen Pläne für weltraum- oder bodengestützte Systeme zur Bekämpfung feindlicher Raketen seien kompatibel, also verträglich mit dem 1972 zwischen den USA und der damaligen SU abgeschlossenen Raketenabwehrprogramm ABM.

Ebenfalls 20 Jahre lang blieb Moskau skeptisch und ließ sich auch nicht von der – während der Gorbatschow-Jahre 1985–90 besonders intensiven – Argumentation Washingtons von der „gemeinsamen Bedrohung“ der beiden Großmächte durch Raketen aus Drittstaaten beeindrucken. So war der ABM-Vertrag in den letzten zwei Jahrzehnten ein wichtiges Bollwerk gegen Versuche, die bei aller Fragwürdigkeit zumindest relative Stabilität des atomaren Abschreckungssystems durch die Herstellung von Unverwundbarkeit und damit Überlegenheit und Kriegsführungsfähigkeit einer Seite zu zerstören.

Nun, da die Clinton-Administration die Unvereinbarkeit ihrer aktuellen Abwehrpläne mit dem ABM-Vertrag erstmals offen einräumt und deshalb seine „Veränderung“ – im Klartext: erhebliche Aufweichung – fordert, besteht die Gefahr, dass Moskau sich auf das Ansinnen einlässt – wenn auch weniger aus Einsicht in die US-Argumente als aufgrund der eigenen wirtschaftlichen und politischen Schwäche.

Laut Clinton-Administration richten sich ihre aktuellen Raketenabwehrpläne „nicht gegen Russland“, sondern gegen „Bedrohungen“ aus Nordkorea, Irak und anderen „Schurkenstaaten“. Diese Erklärung mag zwar Moskau zufrieden stellen, kann ansonsten aber nicht beruhigen. Denn eine Aufweichung des bilateralen ABM-Vertrages würde die ohnehin mühsamen politischen und diplomatischen Bemühungen auf multilateraler Ebene, die Weiterverbreitung von atomaren, chemischen und biologischen Massenvernichtungsmitteln sowie von ballistischen Raketen einzudämmen, weiter erschweren.

Der von Washington auch innerhalb des Nato-Bündnisses propagierten Illusion militärischer Gegenmaßnahmen (military counterproliferation) würde weiter Vorschub geleistet. Selbst wenn Clintons Rüstungsprogramm in einigen Jahren ebenso aus technologischen und finanziellen Gründen scheitern sollte wie Reagans ursprüngliches Star-Wars-Programm: Zunächst werden die US-Pläne Aufrüstungsabsichten in anderen Ländern eher bestärken als dämpfen. Andreas Zumach

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