Der 2. Bundesliga-Spieltag: Die Großen abgewatscht
Kaiserslautern, Mainz und Hannover gelang ein überraschender Traumstart in die Saison. Spitzenteams wie Schalke und Wolfsburg gingen bisher leer aus. Auch Bayern und Bayer mit Problemen.
DÜSSELDORF dpa | Die Außenseiter mischen die Liga auf. Nicht die Topclubs der vergangenen Saison aus München und Gelsenkirchen, sondern die Überraschungsteams aus Kaiserslautern, Mainz und Hannover begeistern die Fußball-Fans. Mit einer optimalen Ausbeute von sechs Punkten gehören sie zur Spitzengruppe des Fußball-Oberhauses. "Jetzt können wir die zweiwöchige Länderspielpause genießen", schwärmte Hannovers Coach Mirko Slomka nach dem 2:1 an seiner alten Wirkungsstätte beim FC Schalke.
Ähnlich euphorisch kommentierte Trainerkollege Marco Kurz das umjubelte 2:0 des Aufsteigers aus Kaiserslautern über den FC Bayern: "Wir werden das aufsaugen." Dabei sorgten vor allem die Auswärtsmannschaften für Furore. Erstmals in der Geschichte der Fußball-Bundesliga gab es an einem Spieltag sieben Gastsiege. Von den insgesamt 39 Treffern gingen 23 aus das Konto der Auswärtsteams.
Auch Bayer Leverkusen verpatzte seine Heimpremiere in einem denkwürdigen Spiel. Die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes unterlag Borussia Mönchengladbach in einer völlig verrückten Partie mit 3:6 (1:3). Die Treffer von Patrick Herrmann (2), Roel Brouwers, Juan Arango, Mohamadou Idrissou und Marco Reus bescherten den Gladbachern den ersten Bundesligasieg gegen Leverkusen seit mehr als 16 Jahren. Für Bayer trafen Eren Derdiyok, Arturo Vidal (Foulelfmeter) und Stefan Kießling.
ERGEBNISSE:
Kaiserslautern - Bayern 2:0
Schalke - Hannover 1:2
Bremen - Köln 4:2
Wolfsburg - Mainz 3:4
Frankfurt - Hamburg 1:3
Nürnberg - Freiburg 1:2
St. Pauli - Hoffenheim 0:1
Leverkusen - Gladbach 6:3
Stuttgart - Dortmund 1:3
***
TABELLE (Tordiff., Punkte):
1. Hoffenheim +4 6
2. Kaiserslautern +4 6
3. FSV Mainz +3 6
4. Hamburger SV +3 6
5. Hannover +2 6
6. Mönchengladbach +3 4
7. FC St. Pauli +1 3
8. Borussia Dortmund 0 3
9. Leverkusen -1 3
9. Werder Bremen -1 3
11. SC Freiburg -1 3
12. Bayern München -1 3
13. Nürnberg -1 1
14. VfL Wolfsburg -2 0
15. FC Schalke -2 0
16. Eintracht Frankfurt -3 0
17. Köln -4 0
18. VfB Stuttgart -4 0
***
3. SPIELTAG
Fr., 10. Sept.: Hoffenheim - Schalke; Sa., 11. Sept.: Dortmund - Wolfsburg, HSV - Nürnberg, Mönchengladbach - Frankfurt, Freiburg - Stuttgart, Hannover - Leverkusen, Bayern - Bremen, So., 12. Sept.: Mainz - Kaiserslautern, Köln - St. Pauli
***
TOREERZIELER
3 Tore: Srdjan Lakic (Kaiserslautern), Ruud van Nistelrooy (Hamburger SV), Papiss Demba Cissé (Freiburg), Edin Dzeko (Wolfsburg)
***
VERBALIE DES SPIELTAGS
"Nur Hamburg, was suchen die da oben?" (Werder Bremens Clubchef Klaus Allofs beim Blick auf die Samstag-Tabelle mit den Kaiserslautern, Hoffenheim, Mainz, Hannover sowie dem HSV an der Spitze)
Im zweiten Sonntagspiel erlebte auch der VfB Stuttgart sein Desaster. Der Europa-League-Teilnehmer unterlag Borussia Dortmund mit 1:3 (0:3) und fiel nach der zweiten Niederlage in Serie auf den letzten Platz zurück. Die Treffer für den BVB erzielten Marcel Schmelzer, Lucas Barrios und Mario Götze. Cacau traf für den VfB.
Die Kleinen stahlen den Großen erneut die Show. Das bekam vor allem der ambitionierte VfL Wolfsburg in einer denkwürdigen Partie gegen die selbstbewussten Mainzer zu spüren. Die Freude über die frühe 3:0-Führung und das Debüt des gefeierten Neuzugangs Diego verleitete zu Leichtsinn. Spätestens nach dem 4:3-Siegtreffer der Gäste in der 85. Minute schlug die Ekstase in Entsetzen um. "So etwas habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt – weder als Spieler, noch als Trainer", klagte "Wölfe"-Coach Steve McClaren.
Das Kunststück, einen 0:3-Rückstand nach nur einer halben Stunde in einen 4:3-Erfolg zu verwandeln, war in der Bundesliga zuletzt dem VfL Bochum im Mai 1991 bei Fortuna Düsseldorf gelungen.
Eine überraschende Heimschlappe musste auch der FC Schalke verkraften. Der schlechteste Saisonstart seit 23 Jahren entfachte beim Revierclub eine Diskussion, ob die ambitionierten Umbauarbeiten von Trainer Felix Magath nicht zu weit gegangen sind. Vor allem die Deckung offenbarte bedenkliche Schwächen. "Wir haben einen Fehlstart hingelegt" bekannte Magath.
Mit weiteren Zukäufen bis zum Ende des Sommerschlussverkaufs am Dienstag will er den Negativtrend stoppen: "Ich kann jetzt nicht untätig sein. Für uns gibt es auf dem Transfermarkt noch einiges zu tun." Als Kandidaten werden Klaas-Jan Huntelaar (AC Mailand), Rafael van der Vaart (Real Madrid) und José Manuel Jurado (Atletico Madrid) gehandelt.
Von einem Stürmer wie Ruud van Nistelrooy kann Magath derzeit nur träumen. Der einstige Mannschaftskollege des erneut schwachen Schalker Neuzugangs Raúl bei Real Madrid entpuppt sich für den Hamburger SV mehr und mehr als Erfolgsgarant. Der 34 Jahre alte Niederländer steuerte zum 3:1 in Frankfurt seinen bereits dritten Saisontreffer bei. "Träumen kannst Du immer. Du musst nur deinen Traum versuchen zu leben", sagte van Nistelrooy.
Fünftes Team im Kreis der bisher verlustpunktfreien Überflieger ist 1899 Hoffenheim. Eine Woche nach dem 4:1-Kantersieg gegen Bremen hielten sich die Profis von Trainer Ralf Rangnick auch beim 1:0 gegen Aufsteiger St. Pauli schadlos und führen zusammen mit Kaiserslautern die Tabelle an. Der glückliche Sieg in Hamburg verstellte jedoch nicht den Blick auf die Realitäten. "Man kann nicht erwarten, dass wir ganz vorne stehen", sagte Verteidiger Andreas Beck.
Dagegen finden sich vermeintliche Spitzenteams wie Schalke und Wolfsburg ohne Punktgewinn im Tabellenkeller wieder. Noch schlechter sind nur Eintracht Frankfurt, der 1. FC Köln sowie der VfB Stuttgart in die Saison gestartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kampf gegen die Klimakrise
Eine Hoffnung, die nicht glitzert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Zweite Woche der UN-Klimakonferenz
Habeck wirbt für den weltweiten Ausbau des Emissionshandels
Krieg in der Ukraine
Biden erlaubt Raketenangriffe mit größerer Reichweite
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga