Denkmalschutz in Berlin: Platte nicht mehr plattmachen
Das Landesdenkmalamt hat 28 Plattenbauten in der Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte unter Schutz gestellt. Es sind nicht die ersten in Berlin.
Alle Wohnungen befinden sich in der Verwaltung der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM). Geschützt sind damit etwa die Wohngebäude in der Münzstraße, der Torstraße, der Linienstraße, der Neuen Schönhauser und der Alten Schönhauser Straße. Auch die Unternehmenszentrale der WBM in der Dircksenstraße wurde unter Schutz gestellt.
Für Berlins Landeskonservator Christoph Rauhut steht der Denkmalwert der Plattenbauten in Zusammenhang mit dem Baugeschehen im geteilten Berlin. „In den 1980er Jahren wurde die behutsame Erneuerung der historischen Stadt international zum Leitbild einer neuen Bau- und Planungspraxis“, lässt sich Rauhut in einer Pressemitteilung zitieren. „Nur in Berlin haben wir das große Glück, dass sich herausragende Bauprojekte aus Ost und West an einem Ort erhalten haben.“ Dieses gemeinsame Erbe zu erhalten und zu vermitteln sei eine besondere Aufgabe und Verantwortung.
Tatsächlich fällt der Wohnungsneubau in Berlin-Mitte in dieser Zeit nicht nur zusammen mit der 750-Jahr-Feier. Die dafür errichteten Ensembles, etwa am Gendarmenmarkt oder im Nikolaiviertel, sind schon lange geschützt.
Die Lückenschlussbauten, die das Landesdenkmalamt nun in die Denkmalliste aufgenommen wurde, stehen aber auch im Zusammenhang mit der Wiedergewinnung der Innenstadt als Wohnort. Das Besondere daran: „Mit Ladengeschäften und sozialen Einrichtungen in den Erdgeschossen hielten die Neubauten Angebote bereit, die der gleichzeitig stattfindenden Internationale Bauausstellung im damaligen Westteil der Stadt weitgehend verwehrt blieben“, so das Denkmalamt in seiner Pressemitteilung.
Auf Kosten der Provinz
Die Wiederentdeckung der Innenstadt, bei der auch die historischen Straßengrundrisse respektiert wurden, ging allerdings auf Kosten der DDR-Provinz. Errichtet wurden die „Altstadtplatten“ von Planungskollektiven, Baukombinaten und mit Baumaterialen aus allen Bezirken, die zum Auf- und Ausbau Ostberlins verpflichtet waren.
„Während die Bezirke durch die Konzentration auf die Hauptstadt viele Nachteile in Kauf nehmen mussten“, so das Landesdenkmalamt, „entstand durch ihr Engagement in der Spandauer Vorstadt eine für die gesamte DDR einmalige Vielfalt von Neubauten.“
Für WBM-Chef Lars Dormeyer sind die nun geschützten Bauten „fester Bestandteil der Geschichte der Spandauer Vorstadt und erfreuen sich aufgrund ihrer attraktiven Lage, Architektur und durchdachten Grundrisse großer Beliebtheit“.
Zum zuvor letzten Mal waren Plattenbauten Mitte 2021 in großem Stil unter Schutz gestellt worden. Damals kam es zur Sicherung der kurz vor und nach der Wende fertiggestellten Bauten in der Wilhelmstraße. Als, wie es Rauhut nannte, „wichtiger Baustein im Wettbewerb der politischen Systeme“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag