: Den Hof im Blut, Politik im Kopf
■ Nicht alles, was nach Adel klingt, ist auch Adel, erklärt der grüne Europaabgeordnete Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf
taz: Woher kommt Ihr Titel Graefe zu Baringdorf?
Bahringdorf: Aus einem alten westfälischen Bauerngeschlecht. Der Name taucht erstmals 1153 als Bezeichnung für den Vorsitz einer Holzgenossenschaft auf. Der Holzgraefe ...
... ein Holzadeliger?
Das war eine Funktionsbezeichnung. Der Holzgraefe war der Vorsitzende der Holzgenossenschaft. Da es viele dieser Einrichtungen gab, musste man sie auseinanderhalten können. Deswegen Graefe to Berningthorpe, also zu Baringdorf. Da unser Geschlecht bis heute auf dem Hof wohnt, blieb auch der Name.
Seit dem 12. Jahrhundert auf demselben Flecken Erde?
Wir sind älter als manches Adelsgeschlecht. Ich lebe dort in der 40. oder 50. Generation. Die Besiedlung hat zu Zeiten der Völkerwanderung im 4./5. Jahrhundert stattgefunden.
Wie lebt man heute als altes Geschlecht?
Ich bin Bauer. Als einziger Sohn bin ich auf diesen Hof hin ganz konsequent erzogen worden, habe eine praktische Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister gemacht, auf dem Hof gearbeitet und mit 30 Jahren angefangen, Pädagogik zu studieren. Mit 40 Jahren promovierte ich über das Thema „Arbeitserziehung und Sozialisation junger Bauern“.
Bauer, Pädagoge und auch noch Politiker. Wie passt das zusammen?
Den Hof habe ich im Blut, die Politik im Kopf. Das Studium begann ich, weil ich den Hof übernehmen wollte und sich die ältere Generation sperrig zeigte. Das Studium war ein Druckmittel.
Welchen Umgang pflegen Sie zu anderen alten Geschlechtern?
Es gibt Nachbarschafts- und Familienbeziehungen, die nicht dem Tagesgeschäft unterworfen sind. Sie werden als hohes Gut geachtet.
Werden Heiraten noch abgesprochen?
Nein, da hat die Emotion alles andere aus dem Feld geschlagen.
Interview: Ute Mattigkeit
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