Demos gegen niedrige Altersbezüge: Spaniens Rentner protestieren
Die Lebenshaltungskosten steigen. Hunderttausende sind in Spanien gegen den Kaufkraftverlust ihrer Renten auf die Straße gegangen.
Künftig wird es ähnlich sein. Rentner müssen Kaufkraftverluste hinnehmen, während Unternehmergewinne über fünf Prozent stiegen. Bis 2013 wurden die Renten automatisch an die Inflation angepasst. Seit einer Reform durch die Regierung des konservativen Mariano Rajoy ist dies nicht mehr so.
Wer künftig in Rente geht, bekommt seine Bezüge anders berechnet. Die steigende Lebenserwartung und die Einnahmen des Rentensystems werden einberechnet. Seit Beginn der Wirtschaftskrise in Spanien 2008 sind die Löhne für jüngere Arbeitnehmer um bis zu 20 Prozent gesunken. Befristete Teilzeitverträge sind an der Tagesordnung. Die Rentenkasse spürt das. Dank Rajoys Reform dürften die Renten in den nächsten 20 Jahren um 25 Prozent Kaufkraft verlieren. Zur Zeit liegt die Durchschnittsrente für Männer bei 1.247 Euro und für Frauen bei 797 Euro pro Monat. Das Rentenalter wurde bereits 2011 unter Rajoys sozialistischem Vorgänger von 65 auf 67 Jahre angehoben.
„Diebe! Sie stehlen uns die Renten!“ – „Keine Stimme denen, die ihre Hände in unsere Rente gesteckt haben!“ war auf Spruchbändern zu lesen. Neben der ungenügenden Rentenanhebung beschweren sich die Protestierenden über die „systematische Plünderung der Rücklagen der Rentenkasse“. Als Rajoy 2011 an die Regierung kam, waren in dem, was die Spanier „Sparbüchse der Sozialversicherung“ nennen, über 60 Milliarden Euro. Spaniens Rentenversicherung galt als eine der gesündesten Europas.
Ende 2017 waren 90 Prozent davon aufgebraucht. Die Beiträge reichen nur noch, um die laufenden Renten zu bezahlen. Rücklagen werden nicht mehr gebildet. Im Sommer und zu Weihnachten, wenn Sonderzahlungen anstehen, muss die Rentenversicherung Kredite aufnehmen.
In den Krisenjahren hat die Sozialversicherung spanische Staatsschulden gekauft. Jetzt muss die Staatskasse der Sozialversicherung mit Krediten helfen. Rajoy sagt, es sei einfach nicht mehr Geld da. Doch zugleich steigen bis 2020 die Bezüge der Beamten der Nationalpolizei um knapp 600 Euro und die der paramilitärischen Guardia Civil um über 700 Euro im Monat. Auch das empört die Rentner.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich