Demonstrationen in Großbritannien: Tierschützer an vorderster Front
Einem Aufruf der rechtsextremen BNP zu einer Demo am Samstag folgten nur 70 Aktivisten. Zum Protest gegen die Jagd auf Dachse kommen mehr.
LONDON taz | London ist auf alles vorbereitet: Mehrere Hundertschaften zusätzliche Bereitschaftspolizei mit Hundestaffeln und Helikoptern sind am Samstag in der britischen Hauptstadt im Einsatz. Für diesen Tag hat die rechtsextreme Partei BNP (British National Party) wegen der Ermordung des Soldaten Lee Rigby zu einer Demonstration in Woolwich aufgerufen.
Damit reagiert die BNP relativ spät, denn die rechte militante Bewegung EDL hatte schon am 22. Mai, dem Tag der Ermordung des Soldaten, einen spontanen Aufmarsch durch Woolwich organisiert.
Als die Gruppe UAF (United Against Fascism) – ein Bündnis antifaschistischer Organisationen – davon Wind bekommt, mobilisiert sie zu einem Gegenaufmarsch. „Den Nazis von der BNP und EDL soll es nicht gelingen, mit dem Mord an Lee Rigby unsere Gemeinschaft zu spalten,“ heißt es in einem Flugblatt. Am Freitag hatte die Polizei beschlossen, beide Märsche nach Westminster zu verlegen.
Eine Gruppe von etwa 70 Aktivisten der BNP findet sich mit Bannern wie „Kein britisches Blut mehr!“ gegenüber dem Parlament ein und verhält sich ruhig. Im Gegensatz dazu beschimpfen Hunderte Unterstützer der UAF die BNP-Leute als Nazigesindel und halten Plakate hoch, die EDL-Chef Tony Robinson mit dem norwegischen rechtsextremen Massenmörder Anders Breivik vergleichen. Plötzlich nehmen die Ereignisse eine unerwartete Wendung. Aus einer Seitenstraße gegenüber von Westminster Abbey strömen über 1.000 Demonstranten mit Dachsmasken hervor. Die Tierschützer protestieren gegen die Jagd auf Dachse, die an diesem Tag offiziell beginnt.
Mit der Dachsjagd will die britische Regierung der Gefahr der Rindertuberkulose (TB) in England und Nordirland begegnen. Wales hingegen impft seine Dachsbevölkerung und Schottland hat kein TB-Problem.
Regierung will weiter jagen lassen
Deshalb versammeln sich in Westminster Gegner aus ganz England, darunter auch Brian May, Exgitarrist der Band Queen. „Ich bin hier, weil wir recht haben“, sagte er. „Die Jagd auf Dachse ist moralisch unverantwortlich“, so Pat Hayden vom Badger Trust (Dachs-Verband). Nur eines von sieben Tieren sei potenzieller TB-Überträger.
Doch die Regierung will die Jagd weiterlaufen lassen. Als „vollkommen unnötig“ bezeichnet Lucy Heart, 57, aus London, Direktorin eines Wohlfahrtsverbandes, den „Mord an den Dachsen“. Der Krankenpfleger Peter Pierse, 54, aus Sommerset spricht von „Gräueltaten“.
Weder die BNP noch die UAF haben es an diesem Wochenende geschafft, so viele Menschen auf die Straße zu bringen wie die „Freunde der Dachse“. Als der BNP-Organisator Adam Walker hört, wie viele Menschen sich für die Vierbeiner engagiert haben, behauptet er, dass diese Leute falsche Prioritäten setzten: „Wir setzen uns für Menschen ein, nicht für Tiere.“ Am Ende mischen sich auch einige Träger von Dachsmasken unter die UAF-Leute, von denen 58 Personen festgenommen werden.
Angesichts der Tatsache, dass die Rechtsextremen am Samstag in der Minderheit sind, taucht der Dachs vielleicht bald als politisches Thema bei der BNP auf. Mit dem Motto „Rettet unseren englischen Dachs!“ könnte die Partei sogar neue Anhänger gewinnen.
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