Demonstrationen an Silvester in Berlin: Gericht bestätigt Verbot
Der Senat hatte Demonstrationen an Silvester verboten. Das Verwaltungsgericht entscheidet, dass das rechtens sei. In Stuttgart wird demonstriert.
Die für Versammlungsrecht zuständige erste Kammer des Gerichts hat einen Eilantrag gegen das nach der Infektionsschutzverordnung des Senats geltende Demonstrationsverbot zurückgewiesen. Am Nachmittag ist beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg eine Beschwerde gegen den Beschluss eingegangen. Das sagte eine OVG-Sprecherin. Darüber solle voraussichtlich noch im Laufe des Tages entschieden werden.
Die Antragstellerin hatte für Silvester eine Versammlung am Brandenburger Tor geplant und war rechtlich gegen das Verbot nach Paragraf 26 der Infektionsschutzverordnung vorgegangen. Das Gericht teilte mit, entgegen der Ansicht der Antragstellerin sei die Verordnung hinreichend begründet und auch sonst formell rechtmäßig.
Das Versammlungsverbot beruhe auf Paragraf 32 des Infektionsschutzgesetzes. Die dort genannten Voraussetzungen seien erfüllt, insbesondere sei bundesweit der Wert der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen deutlich überhöht.
Die Entscheidung für ein Versammlungsverbot wahre den Ermessensrahmen und beachte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. So diene das Verbot von Versammlungen legitimen Zwecken wie dem Schutz von Leben und Gesundheit sowie der Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems.
Das Versammlungsverbot sei außerdem angemessen. Dabei werde nicht verkannt, dass Versammlungen nur unter strengen Voraussetzungen verboten werden dürften. Ein solcher Ausnahmefall liege vor.
Besondere Gefährdungslage
An Silvester und Neujahr gebe es eine besondere Gefährdungslage, weil sich zum Jahreswechsel eine große Zahl von Personen auf der Straße befinde, argumentiert das Gericht. Das gelte erst recht für das Brandenburger Tor, das gerade zu Silvester große Menschenmengen anziehe.
In Anbetracht dieser Umstände müsse die verfassungsrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit zurücktreten. Bei dieser Rechtsgüterabwägung sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass das Verbot nur für 48 Stunden gelte.
Bei dem Eilverfahren ging es nicht um die „Querdenken“-Demonstration gegen staatliche Beschränkungen in der Corona-Krise, die ursprünglich ebenfalls für Silvester angemeldet worden war. Die Organisatoren hatten sie nach Bekanntwerden des Versammlungsverbots auf den 30. Dezember vorverlegt. Die Polizei hatte die Demonstration anschließend verboten.
„Querdenken“-Initiator Michael Ballweg hatte dazu aufgerufen, sich an das Verbot der „Querdenken“-Demo in Berlin zum Jahreswechsel zu halten. In einer an Heiligabend im Netz veröffentlichten Video-Botschaft bat er darum, „das Verbot der Demonstrationen in Berlin zu akzeptieren und am 30., am 31. Dezember und am 1. Januar nicht nach Berlin zu fahren“.
Zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sagte Ballweg am Mittwoch: „Ich sehe es nach wie vor kritisch, wenn Demos verboten werden.“ Er bezeichnete es als „bedrohlich“, wenn in einer Demokratie das Versammlungsrecht so eingeschränkt werde.
Demos in Stuttgart an Silvester erlaubt
In Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart sind für den Silvesterabend vier Demos mit Bezug zu den Corona-Maßnahmen oder der Corona-Impfung geplant. Eine Veranstaltung soll erst im neuen Jahr enden. Anders als in Berlin sind Kundgebungen in Baden-Württemberg erlaubt. „Querdenker“-Initiator Michael Ballweg kündigte am Mittwoch an, an einer genehmigten Demo in Stuttgart teilnehmen zu wollen.
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