Demokratiebewegung in Ägypten: Militärrat ändert das Wahlgesetz
Die Führung in Ägypten beugt sich dem Druck von Parteien und streicht einen umstrittenen Artikel, der Politiker aus der Mubarak-Ära begünstigt hätte.
KAIRO afp/taz | Der in Ägypten regierende Oberste Militärrat hat sich dem Druck zahlreicher Parteien gebeugt und eine Änderung des Wahlgesetzes verkündet. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Mena am Samstag berichtete, wird der umstrittene Artikel 5 abgeschafft, der Kritikern zufolge Politiker aus der Ära von Exstaatschef Husni Mubarak begünstigt hätte.
Neu eingeführt werden demnach verschiedene Regelungen für den Wahlkampf. Das Ausüben von gewaltsamem Druck auf Wähler, Bestechung, religiöse Parolen sowie sexuelle und ethnische Diskriminierung sollen mit Haftstrafen geahndet werden. Bestraft werden sollen auch Ägypter, die sich in die Wählerlisten eintragen und dann nicht zur Wahl gehen.
Der Militärrat hatte die Änderung des Wahlgesetzes vergangene Woche nach einem Treffen von Generalstabschef Sami Anan mit Vertretern des Wahlbündnisses Demokratische Koalition, das von den Muslimbrüdern angeführt wird, versprochen. Die Gruppe hatte mit dem Boykott der für Ende November geplanten Parlamentswahlen gedroht. Artikel 5 sah vor, ein Drittel der Parlamentssitze unabhängigen Kandidaten vorzubehalten. Die Kritiker befürchteten, dass damit Politiker aus der Ära Mubarak wieder ins Parlament hätten gelangen können.
Die Partei des im Februar gestürzten Mubarak ist zwar inzwischen aufgelöst, einstige Parteiführer können sich aber nach wie vor auf ein starkes örtliches Netz stützen. Außerdem war es auch zu Mubaraks Zeiten durchaus üblich, dass sich Politiker, die es nicht auf die Listen von Mubaraks Partei geschafft hatten, als unabhängige Kandidaten aufstellen ließen und nach der Wahl Mubarak unterstützten. Nach der Änderung des Wahlgesetzes sollen die Kandidaten der verschiedenen Parteien nun für alle Sitze kandidieren können.
Die Parlamentswahl in Ägypten soll ab dem 28. November stattfinden, ein neuer Präsident soll vermutlich Ende 2012 gewählt werden. Es sind die ersten Wahlen in dem nordafrikanischen Land seit dem Sturz Mubaraks Anfang Februar. Der Militärrat hat versprochen, die Macht anschließend an eine zivile Regierung abzugeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!