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■ KommentarDemokratie als Fassade

Besonders in Zeiten leerer Staatskassen ist Politik zum großen Teil symbolisches Handeln. Doch Symbolik kann auch nach hinten losgehen, indem sie unbewußt die wirklichen Machtverhältnisse entlarvt: Wenn die Kommission für das DDR-Parteienvermögen heute den Verkauf des Hauses der Demokratie an den Beamtenbund beschließt, zeichnet sie damit das Absinken der DDR-Bürgerbewegungen in die politische Bedeutungslosigkeit nach. Denn deren Erfolg war gerade die Entmachtung der gnadenlosen Staatsbürokratie. Doch aus den Siegern über die DDR-Bürokraten wurden sehr schnell die Verlierer gegenüber den West-Bürokraten. Weder gegen die Politprofis aus dem Westen noch gegen den Privatisierungswahn der Verwaltungsmaschine Treuhand hatten die Bürgerrechtler eine Chance. Ihr Haus hatten sie zwar der SED abgetrotzt und es gegen die Alteigentümer verteidigt. Doch gegen den finalen Zugriff der Paragraphenreiter sind die Bürgerbewegten machtlos. Ihr Haus wird ausgerechnet an den Beamtenbund verkauft, die Lobby der Reformgegner und Besitzstandswahrer, die sich mit Steuergeld eine teure Adresse in der Hauptstadt zulegt. Das Signal ist deutlich: Demokratie von unten, Bürgerrechte und Engagement zählen nichts gegenüber der Wucht von beamteten Interessen. Daß die Bürgerrechtler in ihrem Haus nur noch die Kabuffs an der Fensterfront besiedeln sollen, ist das endgültig entlarvende Symbol: Demokratie als Fassade. Bernhard Pötter

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