Debütalbum von Laura Lee & The Jettes: Die Boys plattwalzen

Die Band Laura Lee & The Jettes empfiehlt sich auf ihrem Debütalbum „Wasteland“ mit scharfen Texten und heavy Gitarren. Ihr Sound ist detailliert.

Zwei Frauen, ein Mann, alle in Schwarz-Weiß: Die Band Laura Lee & The Jettes

Die Sängerin mit ihrer Band der „Weggeworfenen“: Laura Lee & The Jettes Foto: Suzanne Caroline de Carrasco

Schon mal beim Späti-Einkauf von einem Unbekannten nach der Handynummer gefragt worden? Oder direkt von einer Kleinanzeigen-Bekanntschaft zum Date gebeten worden? Nein? Dann bist du wohl ein Mann. Daher der dringende Rat: Sofort das Debütalbum „Wasteland“ von Laura Lee & The Jettes anhören.

Konkret geht es um die Singleauskopplung „Craigslist Boy“, in der Bandleaderin Laura Lee genau solche übergriffigen Erfahrungen aus weiblicher Perspektive beschreibt. Warum „Boys“ hartnäckig bleiben, egal wie abweisend Frauen sie behandeln. Dabei ist es doch ganz einfach: „If I was into you / You’d know“, wie Laura Lee singt. Oder fordert. Oder brüllt.

Laura Lee ist bekannt als eine Hälfte des Berliner Indierock-Duos Gurr, das die 31-Jährige zusammen mit Andreya Casablanca betreibt. Momentan sind beide Künstlerinnen auf Solopfaden unterwegs, um eigene Projekte zu verfolgen: Laura Lee hat dazu eine Gruppe von „Weggeworfenen“ um sich geschart: Ihre dreiköpfige Begleitband heißt The Jettes, entlehnt vom französischen Verb jeter.

„Wasteland“, das Laura Lee & The Jettes heute veröffentlichen, ist ein Statement: Ihre Texte sind deutlich, manchmal scharf und wütend formuliert, aber auch musikalisch drückt sie mit ihrer Band auf die Tube, sodass die Songs tief im Sound der 1990er landen! Die Musikerinnen arbeiten spannende Elemente aus diesem musikalisch mitunter ambivalenten Jahrzehnt heraus.

Laura Lee & The Jettes: „Wasteland“ (Duchess Box/Red Eye/Bertus)

Live: 5. Dezember, „Lido“, Berlin

Da ist zum einen ihr brachialer, aber nie zu ehrfürchtiger Rocksound, der manchmal an die Zeiten von Grunge erinnert, zum anderen sind da wohlige Gitarrenriffs, die die Hörenden umschmeicheln. Geradezu in Melancholie badet zum Beispiel der Song „Daylight“. Er weckt Erinnerungen an den Hit „1979“ der US-Band Smashing Pumpkins. Ähnlich deren Sänger Billy Corgan lullt Laura Lee die Hörenden mit ihrer sanften Stimme ein. Dazu probiert die Band die gleiche Kombination aus treibendem Beat und poppiger Rhythmusgitarre, klingt aber nicht so maskulin.

Sie wissen, wann sie zurückstecken müssen

Genauso drehen Laura Lee & The Jettes im Auftaktsong „Wasteland“, in dem die heavy Gitarrenriffs im Mittelpunkt stehen. Hier erinnert die Musik wiederum an die frühen Foo Fighters, wenn die bratzigen Gitarren und der gemächliche Rhythmus zum Kopfnicken animieren, und doch klingt es nie so selbstzufrieden. Denn The Jettes wissen auch, wann sie zurückstecken müssen, damit Laura Lee mit ihrer Stimme glänzen kann. Immer wieder verstummen die Heavy Riffs in „Wasteland“ abrupt und der Fokus liegt auf der Sängerin.

Besonders im Song „Caterpillar“ packen Laura Lee & The Jettes wortwörtlich die Kettenraupe aus und walzen platt. Der repetitive Rhythmus, inspiriert vom frühen Krautrock, hat etwas Hypnotisches. Auf dem Höhepunkt des Songs kommen dazu sphärische Riffs, die langsam über dem Drumbeat schweben und zum Rhythmus die Antithese bilden. Diese Kombination lässt die Hörenden vollends wegschweben.

„Caterpillar“ führt exemplarisch vor, was auf „Wasteland“ sehr gut gelungen ist: Die Musik ist dicht produziert, doch die aufeinander geschichteten Instrumente und Klangwände sorgen nicht für einen charakterlosen Soundbrei, stattdessen sind die Details kunstvoll arrangiert. Die Hörenden werden an die Hand genommen und durch die Spannungsbögen geführt, die jeder Song aufmacht. Dadurch herrscht Klarheit, auch wenn in der Songstruktur viel los ist.

Mit dem Finale „Swirl in the Haze“ beschließen Laura Lee & The Jettes ihren Reigen mit einem verträumten Stück, das wie das gesamte Album noch länger im Ohr nachklingt. Zurück bleiben herrliche Ambivalenzen: klare Ansagen neben zweifelnden Zeilen, rockige Härte neben poppiger Melancholie. „Wasteland“ ist ein Debüt, das die musikalischen Bezüge auf Vergangenes nicht versteckt, aber trotzdem nicht zeitgenössischer sein könnte.

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