Debütalbum von Britin Lola Young: Grübeln, rumpeln und croonen
Lola Young weiß, was sie will. Ihr Debütalbum „My Mind Wanders and Sometimes Leaves Completely“ zeigt die Gefahren auf dem Weg zum Ruhm.
Der Veranstaltungsort „Baketown“ liegt gut versteckt in einem Hinterhof in Berlin-Schöneberg. Hier stellt die britische Sängerin Lola Young einige Songs ihres Debütalbums „My Mind Wanders and Sometimes Leaves Completely“ live vor. Zwischendurch erzählt die Künstlerin viel – über sich und ihre Lieder.
Etwa, dass sie mal zu lange an einer toxischen Beziehung festgehalten habe, weil sie nicht gut allein sein könne. Wenn sie mit ihrer leicht heiseren Stimme die Ballade „What Is It About Me“ vorträgt, erinnert Lola Young an Adele.
Mit diesem Superstar verbindet die Britin tatsächlich eine ganze Menge. Wie Adele ist Lola Young in Südlondon aufgewachsen, auch sie hat die renommierte Brit School besucht. Diese sei, erklärt die 22-Jährige der taz, für Nachwuchstalente wie sie ein geeigneter und sicherer Ort: „Ich habe dort gelernt, wirklich ich selbst zu sein und mich nicht hinter Klischees zu verstecken.“
Und noch etwas, das sie mit Adele eint, die 2006 für das Label XL von Nick Huggett unter Vertrag genommen wurde. Er managt auch Lola Young. Zusammen mit Nick Shymansky, dem ehemaligen Manager von Amy Winehouse. Ob allein dieses Gespann die Weichen für Lola Youngs künstlerischen Durchbruch stellt? Natürlich trägt die begabte Britin genauso ihren Teil zu einer strahlenden Zukunft bei. „Ich bin sehr ehrgeizig und arbeite hart an mir“, betont sie und es klingt fast wie eine Drohung: „Ich möchte etwas erreichen!“
Hilft das Management von Amy Whinehouse?
Lola Young: „My Mind Wanders and Sometimes Leaves Completely“ (Day One/Island/Universal)
Dafür verfeinert die Londonerin ihre funkelnden Pophymnen mit jeweils unterschiedlichen Elementen. Balladen fusionieren mit HipHop-Sound. Breakbeats erzeugen starke Dynamik. Soul und R&B fährt die Musikerin ebenfalls als Referenzen auf. Ihr Song „Don’t Hate Me“ kommt mitunter rumpelig daher. Bass und Drums sind kantig, Youngs Gesang klingt wuchtig.
Alles zusammen kollidiert mit der Innenschau einer verletzlichen Seele, wenn Lola Young grübelt: „I think that I love you / But it’s hard just to be around you.“ Noch tiefer gräbt sie sich in „Stream of Conciousness“ in die Psyche ein. Dessen eingängige Melodie konterkariert zusammen mit dem betont lässigen Groove den Songtext, der von Selbstzweifeln und inneren Kämpfen handelt. Hier schlägt die Künstlerin einen Bogen zu ihren mentalen Problemen.
Schwierige Kindheit
Lola Young hat öffentlich gemacht, dass sie an einer schizoaffektiven Störung leidet. Ihr entspringen Zeilen wie „I turn the lights down / Throw the towel in and feel pretty nothing“ und „I act tougher than I really am“. Diese zur Schau gestellte Verwundbarkeit eskaliert schließlich in dem Satz „I’m a fuck-up / Told my mother that I don’t love her / When she’s all I have.“ Lola Young erzählt der taz: „Ich habe meiner Mutter als Mädchen tatsächlich gesagt, dass ich sie nicht liebe. Meine Kindheit war schwierig.“
Geschuldet sei das ihrem Selbsthass gewesen: „Ich mochte mich nicht besonders.“ Halt fand Lola Young schon früh in der Musik. Ihre Mutter animierte sie dazu, das Klavierspiel zu erlernen. Und das Gitarrespielen brachte sie sich dann selbst bei. Im Alter von 13 trat Lola Young erstmals in einem Pub auf: „Das war furchtbar!“ Deshalb beschloss sie, Gesangsunterricht zu nehmen: „Ich habe meine Stimme trainiert, um das Bestmögliche aus ihr herauszuholen.“
Lola Young komponiert stets eigene Songs, das war und ist ein therapeutischer Prozess für die junge Frau: „Wenn ich Musik mache, fühle ich mich ungebunden. Dann kann ich meine Empfindungen kreativ ergründen.“ Oft beschwört die Tochter einer Engländerin und eines jamaikanisch-chinesischen Vaters eine Welt herauf, die wolkenverhangen ist. Melancholie durchzieht die Ballade „Annabel’s House“, die weich und melodiös daherkommt und eine komplizierte Affäre nachzeichnet. Dies schildert Young nicht nur anrührend im Text, die Geschichte berührt wirklich.
Ehe man sich versieht, ist man in Youngs Musik verliebt. Ihre Wandelbarkeit hat nicht nur hohen Erkennungswert, sie macht neugierig auf das, was in Zukunft noch von der britischen Künstlerin zu erwarten sein wird.
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